Das Saarland hat am Dienstag bei kühlem und regnerischem Wetter seinen Corona-Modellversuch, das sogenannte Saarland-Modell, gestartet. Verschiedene Bereiche dürfen in dem Bundesland unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen. Zum Start gab es von mehreren Seiten Kritik an dem Versuch.
Restaurants und Cafés dürfen im Saarland ihren Außenbereich wieder öffnen, wenn Gäste vorher reservieren und die Kontakte nachverfolgt werden können. Auch Theater, Kinos und Fitnessstudios dürfen wieder aufmachen - Besucher müssen allerdings einen aktuellen negativen Schnelltest vorlegen und ihre Kontaktdaten angeben.
Zudem werden die Kontaktbeschränkungen gelockert. So dürfen sich draußen wieder bis zu zehn Menschen treffen, wenn alle negativ getestet wurden. Je nach Inzidenz können aber bestimmte Regeln verschärft werden, bei drohender Überlastung des Gesundheitswesens soll das Land in den Lockdown gehen.
"Hinter diesem Systemwechsel steckt das Ziel, die Pandemie mit weniger Grundrechtseinschränkungen ebenso wirkungsvoll einzudämmen, ohne das Risiko einer gefährlichen Covid-19-Infektion einzugehen", hatte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) vergangene Woche erklärt.
Doch schon bei der Ankündigung hatte das Saarland-Modell deutliche Kritik auf sich gezogen, unter anderem vom Ärzteverband Marburger Bund. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, die Bedingungen für ein solches Vorgehen seien angesichts steigender Corona-Inzidenzwerte "nicht gegeben".
Der Hauptgeschäftsführer des deutschen Städtebunds, Helmut Dedy, sagte am Dienstag im RBB-"Inforadio", bei den Öffnungen machten nur 40 Prozent der Gastronomen mit. Denn es fehle ihnen die Perspektive - die gebe es nur mit einem harten Lockdown. Dedy sagte aber auch, dass eine Modellregion mit geöffneter Außengastronomie, Theatern und Fitnessstudios neue Erkenntnisse bringen könne.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach im "Frühstart" von RTL und n-tv von einem "falschen Signal". Ein nun beginnender Lockdown sei nicht vermittelbar, wenn gleichzeitig in Modellprojekten gelockert werde. Erst nach einer Woche sinkender Zahlen könnte es Lockerungen geben. "Das Ziel muss es sein, mit dem R-Wert stabil unter eins zu kommen", sagte Lauterbach.
Ministerpräsident Hans verteidigte das Modell in der "Bild" (Mittwochsausgabe). "Die wenigen und vorsichtigen Öffnungen im Saarland sind alle an negative Tests geknüpft", sagte er der Zeitung. "Wir machen da keine Lockerungsübungen."
Die Infektionszahlen steigen im Saarland derzeit. Am Montag, dem aktuellsten Meldetag, wurde eine Sieben-Tage-Inzidenz von 91,3 gemeldet. Das war eine Steigerung im Vergleich zum Sonntag, als die Inzidenz noch bei 88,2 lag.
by JEAN-CHRISTOPHE VERHAEGEN