Spaniens sozialdemokratischer Regierungschef Pedro Sánchez hat am Tag vor seiner voraussichtlichen Bestätigung im Amt in einer Rede vor dem Parlament sein Bündnis mit katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern verteidigt. Seine Koalition habe "die Versöhnung der Rache, die Einheit der Spaltung" vorgezogen, sagte Sánchez am Mittwoch in der Debatte über die neue Regierung im Abgeordnetenhaus in Madrid.
Insbesondere die Amnestie, die Sánchez der Partei des katalanischen Nationalisten Carles Puigdemont für dessen Unterstützung zugesichert hat, sorgt in Spanien für heftigen Gegenwind. Die Amnestie soll insbesondere denjenigen Aktivisten zugutekommen, die nach der gescheiterten Abspaltung Kataloniens von Spanien im Jahr 2017 von der Justiz verfolgt wurden. Davon profitieren würde auch Puigdemont, der nach Jahren im Exil nach Spanien zurückzukehren könnte.
Mit Blick auf die den Unabhängigkeitsbefürwortern zugesagte Straffreiheit sagte Sánchez während seiner gut eine Stunde und 45 Minuten langen Rede, diese werde "vielen Personen und politischen Führern zugute kommen", deren Ideen er nicht teile und deren Handlungen er ablehne.
Die Maßnahme sei jedoch notwendig, um "die Wunden zu schließen", welche die "politische Krise, auf die niemand stolz sein kann", gerissen habe. Er wolle "die Einheit Spaniens durch den Weg des Dialogs und der Vergebung" gewährleisten, sagte Sánchez.
Für Donnerstag ist im spanischen Parlament eine Vertrauensabstimmung über Sánchez angesetzt. Der seit 2018 amtierende Sozialdemokrat war mit der Regierungsbildung beauftragt worden, nachdem der Konservative Alberto Núñez Feijóo damit gescheitert war.
Sicher war Sánchez anfangs nur die Unterstützung des linksgerichteten Bündnisses Sumar, später einigte sich er sich auch mit mehreren Regionalparteien, darunter den mit sieben Abgeordneten vertretenen Unabhängigkeitsbefürwortern von Puigdemonts Partei Junts per Catalunya. Infolgedessen verfügt die neue Koalition über eine Mehrheit von 179 von 350 Sitzen.
Die Opposition aus Konservativen und der rechtsextremen Partei Vox, auf deren Aufrufe hin seit Wochen in spanischen Städten gegen Sánchez demonstriert wird, rief den Sozialdemokraten am Mittwoch im Parlament zu "Verantwortungsbewusstsein" auf.
Feijóo warf Sánchez vor, dieser wolle "ein resigniertes und schweigendes Spanien, aber Sie werden es nicht bekommen." Sánchez habe sich die Unterstützung der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung "erkauft", was "politischer Korruption" entspreche.
Angesichts weiterer erwarteter Proteste erhöhte die Polizei in Madrid unterdessen ihre Präsenz: In Madrid waren am Mittwoch mehr als 1600 Mitglieder der Sicherheitskräfte rund um das vollständig abgeriegelte Parlament postiert - ein ähnliches Großaufgebot ist sonst nur bei Hochrisiko-Fußballspielen üblich.
Aus der Parlamentswahl im Juli war zwar Feijóos konservative Volkspartei (PP) als stärkste Kraft hervorgegangen. Feijóo brachte danach aber keine Parlamentsmehrheit zustande. Daraufhin ging der Auftrag für die Regierungsbildung an Sánchez.
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