Im September hatten internationale Beobachter damit gerechnet, dass die ukrainische Armee einen Großangriff auf die im Süden der Ukraine befindliche Großstadt Cherson starten würden. Denn in den Wochen zuvor hatte die Ukraine mit westlichen Waffen Präzisionsangriffe auf die Nachschublinien und Kommunikationsnetze der russischen Armee in der Gegend durchgeführt. Doch dann entschied sich die ukrainische Armee überraschend im Osten in der Region der Großstadt Charkiw zu attackieren.
Mit diesem überraschenden Täuschungsmanöver hatte die Ukraine einen großen Erfolg erzielt. Innerhalb weniger Tage konnten die ukrainischen Streitkräfte Tausende Quadratkilometer Land und zahlreiche Dörfer aus der Hand der russischen Armee zurückerobern. Offenbar hatten die Russen mit einer Offensive bei Cherson gerechnet und deshalb Soldaten und Kriegsmaterial im Süden versammelt. Bei der Offensive rückte dann schnell die Stadt Lyman in den Mittelpunkt. Dort war es der ukrainischen Armee Ende September gelungen, die Stadt zu umzingeln, während eine große Anzahl russischer Soldaten dort eingekesselt waren. Die Stadt war ein logistisch wichtiger Knotenpunkt, der über eine Brücke über den Fluss Siwerskyj Donezk verfügte. Durch den Verlust von Lyman hatte sich die Lage der russischen Soldaten auf dem Schlachtfeld weiter verschlechtert und die Wut vieler Kriegsbefürworter in Russland ins Unermessliche gesteigert. Nach der Schlacht hatte der britische Geheimdienst analysiert, dass die russischen Truppen, die die Stadt verteidigt hatten aus mobilisierten Reservisten und dezimierten Einheiten von Berufssoldaten bestanden haben. Die russischen Truppen zogen sich in Dunkelheit aus der Stadt zurück, statt eine von der Ukraine angebotene Kapitulation anzunehmen. Dabei sollen die russischen Truppen schwere Verluste erlitten haben.
Bei der Schlacht um Lymsn soll sich dann auch die 3. Spetznas-Brigade der GRU in das Gefecht eingemischt haben. Laut der Aussage britischer Militäranalysten soll die Elite-Einheit schwere Verluste erlitten haben. Seit dem Beginn des Krieges sollen offiziell 56 Mitglieder der GRU-Brigade getötet worden sein. Die Militärexperten gehen jedoch davon aus, dass im bisherigen Verlauf des Krieges mindestens 75 Prozent der Soldaten dieser Elite-Einheit entweder verwundet oder getötet wurden. Dies geht offenbar aus Interviews mit Familienmitgliedern der Soldaten hervor, bei denen auch eine Analyse der Beiträge im russischen Netzwerk VKontakte Im Zeitraum zwischen dem 30. September und 1.Oktober vorgenommen wurde. Auf VKontakte hieß es, dass die Spezialeinheit vernichtet wurde. Beim GRU handelt es sich um den militärischen Nachrichtendienst Russlands. Die Einheiten dieser Spetznas-Kommandos zählen zu den am besten ausgebildeten Soldaten Russlands. Diese Verluste sind für die russische Armee nur schwer zu ersetzen, da die Ausbildung dieser Elitekämpfe oft jahrelanges Training erfordert. Seit dem Beginn des Krieges soll die russische Armee nach Schätzungen von Militärexperten weit über hunderttausend Soldaten durch Verwundung oder Tötung verloren haben. Diese Zahlen werden jedoch von der russischen Regierung immer wieder vehement dementiert.