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Rotes Kreuz fordert massiven Ausbau von Materialreserven für Katastrophenfälle

Bund soll Notstromaggregate und Zelte lagern – Zahl der Opfer weiter gestiegen

Nach der verheerenden Flutkatastrophe in Westdeutschland hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) einen massiven Ausbau der nationalen Materialreserven für Einsätze in zerstörten Krisengebieten gefordert. Es müssten Lehren aus den Erfahrungen mit großflächigen Ausfällen bei der Strom- und Wasserversorgung gezogen werden, sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt am Freitag bei einem Besuch im Hochwassergebiet im nordrhein-westfälischen Euskirchen. Unterdessen stieg die Opferzahl der Katastrophe weiter.

Auch die Unterbringung und Erstversorgung der aus dem Flutgebiet in Sicherheit gebrachten Menschen sei an einigen Orten an Kapazitätsgrenzen gestoßen, sagte Hasselfeldt. Deutschland brauche einen größeren Vorrat an Notstromaggregaten, Wasseraufbereitungsanlagen, Zelten, Betten sowie Decken zur schnellen Versorgung und Unterbringung vieler Menschen. Die Bundesregierung habe im vergangenen Jahr den Aufbau von zwei Zentrallagern bewilligt. Diese seien aktuell hilfreich. “Wir brauchen davon aber zehn”, fügte Hasselfeldt an.

Extreme Regenfälle hatten an Flussläufen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen verheerende Überflutungen ausgelöst und viele Gemeinden mit ihrer Infrastruktur zerstört. Seit vergangener Woche sind tausende Helfer von Rettungs- und Hilfsorganisationen sowie Behörden im Einsatz, um die Menschen zu versorgen. Das Rote Kreuz und das Technische Hilfswerk (THW) betreiben unter anderem Aufbereitungsanlagen für Trinkwasser und bauen eine improvisierte Notstromversorgung auf.

Dazu sind unzählige Freiwillige im Hochwassergebieten, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen. In den zerstörten Gebieten müssen unter anderem riesige Mengen von Trümmern und Sperrmüll entsorgt werden. Hasselfeldt sprach in Euskirchen von einer “gewaltigen Aufgabe”. So müsse auch der Schlamm des Hochwassers schnell aus Kellern entfernt werden, bevor er trockne.

Hasselfeldt verwies zudem auf die psychische Belastung für Betroffene und Helfer. Diese sei sehr hoch. Das Rote Kreuz habe deshalb unter anderem auch zahlreiche psychologisch geschulte Spezialisten für die Notfallbetreung aus dem gesamten Bundesgebiet entsandt.

Aktuell gelte die Priorität noch der Versorgung der Flutopfer und den Aufräumarbeiten, sagte Hasselfeldt. Danach aber müsse “zügig” am Aufbau nationaler Materiallager für Katastrophen gearbeitet werden. Hilfsorganisationen hätten dafür bereits vor längerer Zeit ein Konzept ausgearbeitet. Dieses könne schnell umgesetzt werden.

Das 2018 vom Roten Kreuz und anderen Organisationen vorgelegte Konzept sieht den Aufbau von zehn zentralen Materiallagern für größere Evakuierungsaktionen bei Katastrophenfällen vor. Nach früheren Angaben der Verfasser sollten diese genug Ausrüstung enthalten, um Notunterkünfte für 50.000 Menschen zu errichten. Die Kosten wurden auf 109 Millionen Euro beziffert.

Unterdessen hat das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe bereits rund 36,4 Millionen Euro an Spenden erhalten. “Eine solche Hilfsbereitschaft haben wir so noch kaum erlebt”, erklärte Geschäftsführer Dominique Mann am Freitag in Bonn. In dem Bündnis haben sich das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die beiden kirchlichen Hilfswerke Caritas International und Diakonie Katastrophenhilfe sowie Unicef zusammengetan. Die Spenden für das Aktionsbündnis stellen dabei nur einen Teil des gesamten Spendenaufkommens dar.

Der deutsche Caritasverband teilte am Freitag mit, seine Soforthilfe auf zwei Millionen Euro zu erhöhen. Die Solidarität der Spender halte auf hohem Niveau an. “Das ist fantastisch, wir sind dafür sehr dankbar”, erklärte Caritas-Präsident Peter Neher. Mittlerweile seien 13 Millionen Euro bei der Caritas international eingegangen.

Die Zahl der Toten in Rheinland-Pfalz stieg am Freitag auf 132. Die Zahl der Vermissten gab ein Sprecher der Polizei Koblenz am Freitag mit 149 an. 766 Menschen wurden verletzt. Die Zahl der Toten in NRW liegt weiterhin bei 47. Damit kamen bei dem Hochwasser in beiden Bundesländern zusammen mindestens 179 Menschen ums Leben.

by Christof STACHE

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