Rentenpräsidentin Gundula Roßbach sieht zum jetzigen Zeitpunkt keine dringliche Notwendigkeit, eine Entscheidung über eine Anhebung des Rentenalters zu treffen. Sie plädiert dafür, die Entwicklungen in den nächsten Jahren genau zu analysieren und dann zu entscheiden. "Es zeigt sich ein Trend, dass die Lebenserwartung in Deutschland langsamer steigt als bisher erwartet", sagte Roßbach der Nachrichtenagentur AFP. Auch sei der Arbeitsmarkt auf einem wirklich guten Stand.
Bei der Erwerbsbeteiligung von 60- bis 65-Jährigen "haben wir derzeit steigende Zahlen". Zudem profitiere der Arbeitsmarkt von einer höheren Zuwanderung, die Erwerbstätigkeit von Frauen steige ebenfalls. "Es ist aus jetziger Sicht anzunehmen, dass dies eine dauerhafte Entwicklung bleibt", sagte die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund.
Roßbach verweist auf die langfristigen Abläufe beim Thema Rente. Bis 2031 erhöht sich das gesetzliche Rentenalter schrittweise auf 67 Jahre. "Auch das Alter für die Rente für besonders langjährige Versicherte, bekannt als Rente mit 63, steigt bis dahin auf 65 Jahre." Das durchschnittliche Alter, zu dem die Menschen tatsächlich in Altersrente gehen, lag im vergangenen Jahr bei 64,4 Jahren, wie Roßbach weiter sagte.
Es gelte nun, "die Entwicklungen in den nächsten Jahren zu analysieren und zu schauen, wie sich etwa die Lebenserwartung und das tatsächliche Renteneintrittsalter entwickeln". Roßbach verwies darauf, dass die Entscheidung zur Rente mit 67 im Jahr 2007 und damit fünf Jahre vor deren Inkrafttreten gefallen war.
Noch nicht absehbar sei auch, wie die Menschen von der neuen Möglichkeit Gebrauch machen, bei vorzeitigem Renteneintritt unbegrenzt hinzuverdienen zu können. Zum 1. Januar war die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten entfallen. Die Neuregelung biete die Möglichkeit, Altersrente zu beziehen und in unbegrenztem Umfang weiterzuarbeiten.
"Wir sind ganz optimistisch, dass die Versicherten dies nutzen", sagte Roßbach. Über den Hinzuverdienst werden dann weiterhin Beiträge in die Rentenkasse gezahlt, wodurch die Versicherten zusätzliche Anwartschaften erwerben.
Die Frage eines höheren Rentenalters werde in der Politik sicherlich weiter diskutiert werden, sagte Roßbach. Sie dürfe aber nicht "isoliert gesehen werden, sondern als Teil eines Gesamtpakets".
Zuletzt hatten CDU-Sozialpolitiker in einem Arbeitspapier vorgeschlagen, das Renteneintrittsalter ab 2031 direkt an die Lebenserwartung zu koppeln. Für jedes gewonnene Lebensjahr soll sich demnach die Regelaltersgrenze um vier Monate erhöhen.
Die demografische Herausforderung, vor der Deutschland in den nächsten 20 Jahren stehe, sei nicht neu. "Eine ähnliche Entwicklung haben wir schon von 1990 bis 2010 gehabt", sagte die Rentenpräsidentin. "Wir haben diese Herausforderung durch zahlreiche Reformen bei der Rente gut bewältigt und sind sehr zuversichtlich, dass uns das auch künftig gelingen wird."
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