Nach einem umstrittenen Polizeieinsatz bei der Fixierung eines 15-Jährigen in der Düsseldorfer Altstadt hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) Aufklärung zugesagt. Der auf einem Video dokumentierte Vorfall werde "sehr ernst genommen", sagte Reul am Montag in Düsseldorf. Falls es ein Fehlverhalten eines oder mehrerer Polizisten gegeben habe, werde dem "konsequent nachgegangen".
Auch für Polizeibeamte gelte selbstverständlich die Unschuldsvermutung, fügte Reul hinzu. Er wolle den Einsatz vom Samstagabend "in keiner Weise rechtfertigen, ich will ihn aber auch nicht vorschnell verurteilen".
Das Video des Düsseldorfer Polizeieinsatzes war am Wochenende über soziale Medien bekannt geworden. Zu sehen ist ein Polizist, der dem am Boden liegenden 15-Jährigen sein Knie auf Kopf oder Hals drückt. Nach Polizeiangaben hatte der Jugendliche einen Polizeieinsatz gestört und einen Streifenpolizisten tätlich angegriffen.
Der Jugendliche wurde von den Beamten zur Polizeiwache gebracht und später den Erziehungsberechtigten übergeben. Aus Neutralitätsgründen wird der Düsseldorfer Polizeieinsatz derzeit von der Polizei Duisburg untersucht.
Reul betonte, das Video zeige einen 13 Sekunden langen Ausschnitt eines zwei bis drei Minuten dauernden Einsatzes. Dabei sei nicht genau zu erkennen, ob Schienbein und Knie des Beamten auf dem Kopf oder aber dem Hals des Jugendlichen aufsetzten. Dies müsse nun "objektiv geklärt werden".
Der Düsseldorfer Innenminister kündigte zugleich einem Bericht über den Fall in der nächsten Sitzung des Landtagsinnenausschusses am Donnerstag an. Diesen Bericht habe er bereits vor einer entsprechenden Forderung der SPD-Opposition angemeldet, sagte Reul.
Die SPD-Landtagsabgeordneten Sven Wolf und Hartmut Ganzke hatten zuvor mitgeteilt, sie hätten wegen des Polizeieinsatzes eine sogenannte aktuelle Viertelstunde im Innenausschuss beantragt. Das Video zeige "verstörende Sequenzen". "Wir hatten gehofft, dass wir solche Bilder nach dem tragischen Tod von George Floyd in Deutschland niemals zu sehen bekommen würden", betonten die beiden SPD-Landesparlamentarier. Der Afroamerikaner Floyd war Ende Mai bei einem brutalen Polizeieinsatz in den USA erstickt.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic kritisierte das Vorgehen der Düsseldorfer Polizei. "Es ist absolut richtig, dass dieser Vorfall untersucht wird", sagte sie der "Rheinischen Post". Ein Urteil sei erst möglich, wenn die Gesamtumstände bekannt seien. Nach den Ereignissen in den USA könne sie aber nicht nachvollziehen, dass "sich ein Polizist auf den Kopf-Hals-Bereich einer Person kniet - er muss wissen, dass das lebensbedrohlich sein kann."
by INA FASSBENDER