Einheitliche Standards und klarere Strukturen in der Notfallversorgung: Eine Regierungskommission hat am Donnerstag Vorschläge zur Reform des Rettungsdienstes vorgelegt. "Im Notfall muss der Rettungsdienst schnell und zielgenau helfen", erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) anlässlich der Vorstellung der Empfehlungen. Dafür sei dringend eine Reform notwendig.
Lauterbach nannte als Beispiel dafür "einheitliche Standards, mehr Befugnisse, eine sinnvolle Vergütungssystematik". Die Notfallversorgung dürfe nicht weiter "selbst ein Reformnotfall bleiben". Deshalb sei es wichtig, dass dazu jetzt Empfehlungen vorgelegt wurden. Ausgearbeitet wurden diese von der im Mai 2022 eingerichteten "Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung".
Die 17 Expertinnen und Experten empfehlen die Festlegung von Vorgaben für Mindestpersonalausstattung, Qualifikation, Weiterqualifizierung und Rettungsmittel. Das Gremium hält zudem eine gestraffte Koordinierung des Rettungsdienstes für notwendig - pro rund eine Million Einwohnerinnen und Einwohnern reiche eine Leitstelle. Gefordert werden auch mehr Befugnisse für Notfallsanitäterinnen und -sanitätern, besonders qualifizierte Kräfte sollen zudem den jetzigen Notarztdienst ersetzen.
Notärztinnen und Notärzte sollen nach den Vorschlägen des Gremiums nur in besonders komplexen Fällen eingesetzt werden. Eine weitere Empfehlung zielt auf eine Verbesserung der allgemeinen Gesundheitskompetenz ab - verpflichtende Erste Hilfe-Kurse an Schulen und am Arbeitsplatz, Ersthelfer-Apps und flächendeckend öffentlich zugängliche Defibrillatoren.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Janosch Dahmen, nannte die Vorschläge der Kommission "eine gute Grundlage" für eine umfassende Reform der Notfallversorgung. Es gebe eine unübersichtliche Gleichzeitigkeit von Unter-, Über- und Fehlversorgung. "Organisation und Struktur des Rettungsdienstes gleichen in 300 Rettungsdienstbereichen und den über 200 Notfallleitstellen einem Flickenteppich", betonte Dahmen. Es fehle an einheitlichen Standards, Schnittstellen und Patientensteuerung.
"Die Vorschläge kommen reichlich spät", kritisierte die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Kathrin Vogler. Der Rettungsdienst sei bereits heute oft genug "der Ausputzer für mangelhafte Strukturen". Es sei schlicht mehr Personal notwendig, dazu müsse der Beruf attraktiv gemacht werden. Vogler warf zudem die Frage auf, wie eine Zentralisierung der Rettungsstellen zu leisten sei. Wenn diese immer weiter von den Einsatzorten entfernt seien, dauerten die Einsätze länger.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) begrüßte die Initiative der Bundesregierung mahnte aber zugleich, bei der Reform auf "einen ganzheitlichen Ansatz" zu achten. Es sei dringend notwendig, die drei Säulen der Notfallversorgung - Rettungsdienst, Notaufnahme und ärztlicher Bereitschaftsdienst - besser zu verzahnen, erklärte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt. Das DRK forderte zudem unter anderem erhöhte Einsatzmöglichkeiten der Leitstellen und dass der Rettungsdienst "im gleichen Umfang wie bisher" Aufgabe der Länder bleibe.
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