So langsam erkennt man bei Bundeskanzlerin Angela Merkel eine gewisse Frustration. Immer wieder macht die Kanzlerin deutlich, dass sie schärfere Corona-Maßnahmen für unausweichlich hält. Doch offensichtlich finden sich beim Bund-Länder-Gipfel nie genügend Stimmen, um härtere Reglungen durchzusetzen. Aus diesem Grund spielt Merkel nun mit dem Gedanken ihre Vorstellungen durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes umzusetzen.
Im Verlauf der Corona-Pandemie war Bundeskanzlerin Merkel meist auf der Seite derjenigen, die harte Maßnahmen zum Schutz vor der Ausweitung des Coronavirus vorgeschlagen hatten. Auch zur Zeit mahnt die Kanzlerin wieder vor explodierenden Infektionszahlen. Aus diesem Grund plädiert Angela Merkel nun für eine deutliche Verschärfung der Maßnahmen. Notfalls müsse man über einen Mega-Lockdown nachdenken, damit man nicht zukünftig Zahlen von 100.000 Neuinfektionen pro Tag erreiche. Merkel schlägt deshalb die weitere Einschränkung der Sozialkontakte sowie nächtliche Ausgangsbeschränkungen vor. “Ich werde jetzt nicht 14 Tage lang tatenlos zusehen, wenn nichts passiert, was wirklich eine Trendumkehr verspricht“, kündigte die Kanzlerin am Sonntagabend in der Talkshow bei Anne Will (ARD) an. Merkels Ansage soll vor allem den Ministerpräsidenten der Bundesländern Beine machen. Sollten diese sich zukünftig gegen härtere Maßnahmen sperren, ist Merkel sogar bereit über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes nachzudenken, um selbst eine Verschärfung der Maßnahmen durchführen zu können. Diese Änderung müsste allerdings vom Bundestag und dem Bundesrat beschlossen werden.
Will Merkel jetzt die alleinige Entscheidungsmacht in der Corona-Pandemie?
Offenbar hat man im Kanzleramt wieder einmal die Sorge, dass die Pandemie außer Kontrolle geraten könnte. Schon am Wochenende hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (40, CDU) für einen scharfen Lockdown in einem Zeitraum von 14 Tage plädiert. Ohne jeden Zweifel ist die Kanzlerin vom Vorgehen einiger Länderchefs genervt, die trotz steigender Infektionszahlen auch weiterhin lockern wollen. Dies würde Merkel am liebsten per Anweisung aus Berlin verhindern. Ganz auf der harten Linie der Kanzlerin liegt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (54, CSU). Dieser könnte sich vorstellen, der Kanzlerin mehr Macht und Entscheidungsbefugnis zuzugestehen. Söder erklärte, er sei “sehr dafür und offen“, dass der Bund die Möglichkeit nutze, die Länder per Infektionsschutzgesetz “auch zu klaren Regeln zu zwingen”. Inhaltlich ähnlich äußerte sich auch der deutsche Innenminister Horst Seehofer (71, CSU). Allerdings gibt es auch Gegenstimmen, wie zum Beispiel Thüringens Innenminister Georg Maier (53, SPD). “Es braucht keine Kompetenzverlagerung“, macht Maier bei der “Bild”-Zeitung deutlich. “Wir benötigen stattdessen professionelles Krisenmanagement durch einen ständigen Bund-Länder-Krisenstab.“
Angesichts der aktuellen Pandemie-Lage fordern viele Politiker eine weitere Sitzung zwischen den Ministerpräsidenten der Bundesländer und der Kanzlerin vor den Osterfeiertagen. “Eine weitere Ministerpräsidenten-Konferenz wäre vor Ostern extrem sinnvoll – vorausgesetzt, man ist sich vorher einig, dass etwas schnellstens passieren muss. Uns läuft die Zeit davon!“, plädierte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Auch SPD-Parlamentschef
Torsten Schneider (52) hat die Erwartung, “dass bei der Entwicklung der Infektionszahlen ein weiterer bundesweiter Lockdown wie vor einem Jahr bevorsteht“. Kritik gab es dagegen von NRW-Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet (60)! Dieser forderte überraschend, Deutschland müsse aus der “reinen Lockdown-Logik herauskommen“. Nach Laschets Auffassung könnten vorsichtige Lockerungen einem “Anreiz fürs Testen“ darstellen, glaubt Laschet, der gleichzeitig auch ein mehr Flexibilität beim Impfen forderte.