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Regierungspartei gewinnt erwartungsgemäß Parlamentswahl in Russland

EU und Bundesregierung kritisieren Wahlablauf

Die Regierungspartei von Präsident Wladimir Putin hat bei der von Betrugsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl in Russland nach Angaben der Behörden erwartungsgemäß den Sieg davongetragen. Die Partei teilte am Montag überdies mit, sie habe auch die für Verfassungsänderungen wichtige Zweidrittel-Mehrheit verteidigt. Heftige Kritik am Ablauf der Wahl kam aus Brüssel und Berlin: Die EU kritisierte Einschüchterungsversuche gegen die Opposition, die Bundesregierung zeigte sich besorgt über Vorwürfe der Wahlfälschung.

Der Generalsekretär von Geeintes Russland, Andrej Turtschak, sagte, seine Partei habe mindestens 315 der 450 Sitze gewonnen. Turtschak zufolge gewann sie 195 der insgesamt 225 zur Wahl stehenden Direktmandate sowie 120 Sitze über die Parteiliste.

Nach Auszählung von 95 Prozent der Stimmen kam die Kreml-Partei nach Angaben der Wahlbehörden auf 49,6 Prozent. Das waren weniger als bei der Wahl 2016, bei der Geeintes Russland noch 54,2 Prozent der Stimmen und inklusive der Direktmandate 334 Sitze im Parlament auf sich vereinen konnte.

Die Kommunisten als Zweitplatzierte kommen demnach auf 19,2 Prozent, 2016 waren es noch 13,3 Prozent. Viele Russen hatten die Partei dieses Jahr aus Protest gewählt.

Drei weitere als regierungsnah geltende Parteien haben laut den vorläufigen Ergebnissen die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in die Duma geschafft: die nationalistische LDPR, die kürzlich gegründete Partei "Neues Volk" und "Gerechtes Russland". Die Beteiligung an der dreitägigen Abstimmung lag nach Angaben der Wahlkommission bei 45 Prozent.

Turtschak sprach von einem "klaren und sauberen" Sieg. Er verwies darauf, dass seine Partei auch in den 39 Regionen, in denen Regionalparlamente gewählt wurden, gewonnen habe. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bekräftigte den "Wettbewerb, die Offenheit und die Ehrlichkeit der Wahlen".

Selbst staatliche Umfrageinstitute hatten Putins Partei vor der Wahl nur bei rund 30 Prozent gesehen. Die vorläufigen Wahlergebnisse seien "wirklich nicht glaubhaft", sagte die Sprecherin des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny, Kira Jarmysch. Sie fühle sich an die Wahl 2011 erinnert, als Putin die Wahl "gestohlen" habe. "Dasselbe passiert derzeit", sagte Jarmysch.

Kritik kam auch aus Brüssel und Berlin. Der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Peter Stano, warf Moskau "eine Atmosphäre der Einschüchterung aller kritischen, unabhängigen Stimmen" vor. Er kritisierte auch, dass es bei der Wahl keine internationalen Wahlbeobachter gab.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte wegen Beschränkungen durch russische Behörden nicht - wie sonst üblich - Wahlbeobachter nach Russland geschickt.

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte, es gebe "sehr ernstzunehmende Hinweise von russischen Oppositionspolitikern und auch von Wahlbeobachtern" auf "massive Unregelmäßigkeiten". Er sagte vor Journalisten in Berlin: "Das muss man ernst nehmen."

Die Opposition verwies insbesondere auf wiederholte Verzögerungen bei der Freigabe der elektronischen Abstimmungsergebnisse in Moskau. Die Wahlbeobachtungsorganisation Golos erklärte zudem, bei ihr seien bis Sonntagabend mehr als 4900 Berichte über Wahlbetrug eingegangen. Die staatliche Wahlkommission widersprach den Manipulationsangaben der Organisation, die von den russischen Behörden vor der Wahl als "ausländischer Agent" eingestuft worden war.

Nach der Wahl 2011 hatte es massive Proteste in Moskau gegeben. Nawalny war damals einer der Anführer. Mittlerweile sitzt der Kreml-Kritiker in Lagerhaft, zahlreiche Vertraute leben im Ausland oder stehen unter Arrest.

Die Behörden haben von ihm gegründete Organisationen als "extremistisch" eingestuft und gehen scharf gegen sie vor. Unter anderem setzten sie die US-Konzerne Apple und Google unter Druck, die in der Folge eine Wahlempfehlungs-App der Opposition blockierten.

Die Opposition sah in der Aktion dennoch einen gewissen Erfolg: "Wir haben an ihrem politischen System gerüttelt. Wir haben sie gezwungen, entweder ihre Niederlage einzugestehen oder zu fälschen", sagte der im Exil lebende Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow auf einer Live-Übertragung bei Youtube.

by Von Michael MAINVILLE