Die Familie Van der Vorm ist eine der reichsten und diskretesten Familien - sie lässt die Familie Mars wie Amateure aussehen - in ihrem Heimatland Niederlande und in der Welt. Außerhalb der Niederlande sind sie nicht sonderlich bekannt, obwohl sie sehr bekannte Unternehmen und Marken besitzen. Nun werden sie in diesem Jahr durch den Verkauf ihres Brillengeschäfts an Essilor-Luxottica SA bis zu 4 Milliarden Dollar erlösen. Das Geld wird in den Hal Trust fließen, einen börsennotierten Fonds, den die Familie kontrolliert. Einem in Amsterdam ansässigen Analysten zufolge könnte die Familie beschließen, das Geld zu investieren, es an die Aktionäre zurückzugeben oder den Fonds einfach zu schließen und sich ganz der Philanthropie zu widmen.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Van der Vorms in dieser Lage befinden. Ihr Vermögen stammt von der Holland America Line, einer transatlantischen Schifffahrtsgesellschaft, die in den 1980er Jahren für rund 600 Millionen Dollar an Carnival verkauft wurde. Dieses Geld setzten sie über ihre Investmentfirma Hal Trust ein. Hal hat seit dieser ersten Investition eine Rendite von fast 2.000 % erzielt und besitzt Beteiligungen in den Bereichen Schifffahrt, Holz und Luftfahrt mit einem Vermögen von 12,5 Milliarden Dollar. Die Familie ist 11,2 Milliarden Dollar wert.
Trotz der Tatsache, dass es sich um einen börsennotierten Fonds handelt, sind die inneren Abläufe von Hal geheimnisvoll. Zu den Hal-Aktien gehören so genannte Inhaberaktien, die es den Eigentümern der Aktien ermöglichen, ihre Identität geheim zu halten. Familienmitglieder und leitende Angestellte von Hal Trust werden in den Unterlagen mit ihren Initialen bezeichnet. Der Vorstandsvorsitzende des Trusts war bis vor fünf Jahren Martijn Van der Vorm, 61. Er lebt in Monaco und bevorzugt Segeln statt schicker Partys. Sein Cousin, Carel Ole, 48, lebt in London und leitet eine landwirtschaftliche Investmentfirma.
Wohlhabende niederländische Familien haben gute Gründe, geheimnisvoll zu sein und sich aus dem Rampenlicht herauszuhalten. Im Jahr 1983 entführte eine Bande den Biermagnaten Freddy Heineken, um Lösegeld zu erpressen. Zwanzig Jahre später entführten bewaffnete Männer Claudia Melchers, die Tochter des milliardenschweren Geschäftsmanns Hal Melcher. Ein weiterer Grund, ihr Leben geheim zu halten, ist, dass die Niederlande ein Land sind, das sich der Gleichberechtigung rühmt.
Die Familie wurde durch das als "Panama Papers" bekannt gewordene Datenleck leicht enttarnt. Daraus ging hervor, dass sich der Hauptsitz von Hal auf der niederländischen Karibikinsel Curacao befindet. Die dortigen Steuergesetze wurden von Gesetzgebern in Europa unter die Lupe genommen. Es war jedoch eine holländische Newsgroup, die Hal gehört, die das Datenleck der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca überhaupt erst bekannt gemacht hat.
Die Van der Vorm-Familie ist in den Panama Papers in den Niederlanden vertreten.
Die Familie Van der Vorm war nicht immer so zurückhaltend. Sie waren die Besitzer einiger der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt. 1984 erschien Nico Van der Vorm in einem Artikel in der New York Times anlässlich der Fertigstellung eines neuen Kreuzfahrtschiffs. Auf die Frage, warum er das Kreuzfahrtschiff gebaut habe, sagte er: "Die höchste Form der Glückseligkeit ist es, mit einem gewissen Grad an Torheit zu leben", und zitierte damit den niederländischen Philosophen Erasmus aus dem 16. Jahrhundert.
Die Geschichte der Holland America Line geht auf das Jahr 1873 zurück. Sie ging in den Besitz der Familie Van der Vorm über, als Willem Van der Vorm das Unternehmen während der Weltwirtschaftskrise vor dem Bankrott rettete. Willem vererbte das Familienunternehmen an Willy Van der Vorm, der es dann an Nico Van Der Vorm weitergab. Nico war maßgeblich an der Gestaltung und dem Wachstum des Familienvermögens beteiligt. Er verlegte den Hauptsitz des Unternehmens nach Seattle und den Hauptsitz der Holdinggesellschaft nach Curacao. Dann, 1989, verkaufte er das Unternehmen an Ted Arisons Carnival Plc.
Die Familie ist immer noch in Seattle aktiv. In den letzten 25 Jahren haben sie mehr als zwei Dutzend Immobilien erworben, darunter eine, die aus der Gründungszeit der Smaragdstadt stammt und 2018 für 20,5 Millionen Dollar verkauft wurde.
Wenn es um Hal Trust geht, befinden sich 68 % der Anteile im Besitz der Familie Van der Vorm. Hans Melcher, der Vater der bereits erwähnten entführten Claudia Melcher, besitzt 17 % der verfügbaren Hal-Anteile. Das bedeutet, dass nur 15% der Aktien des Unternehmens tatsächlich an der Amsterdamer Börse gehandelt werden.
Martijn Van der Vorm leitete die Stiftung 21 Jahre lang. Er trat 2014 zurück. Sein Nachfolger, Melchert Groot, war 25 Jahre lang bei Hal und ist seit 2003 Mitglied des Verwaltungsrats des Unternehmens.
