Kritische Worte zum Ukraine-Krieg sind im russischen Fernsehen selten zu hören. Doch nun hat der ehemalige Duma-Abgeordnete Boris Nadeschdin überraschenderweise offen gesprochen. Er forderte ein Ende des Konflikts und die Ablösung von Wladimir Putin als Kreml-Chef.
Als Putin seinen gewaltsamen Angriffskrieg gegen die Ukraine startete, unternahm er alles, um Kritiker im eigenen Land zum Schweigen zu bringen. Russische Bürger, die öffentlich für Frieden protestierten, wurden verhaftet. Es ist strafbar, die eigenen Soldaten zu kritisieren. Auch Oppositionelle werden bedingungslos verfolgt, wie zum Beispiel der Kreml-Gegner Alexei Nawalny, der inhaftiert wurde. Da im Ukraine-Krieg jedoch immer weniger große Erfolge erzielt werden, wird der Ruf nach Veränderung immer lauter. Szenen wie diejenigen, die sich nun im russischen Staatsfernsehen abspielen, wären vor etwa einem Jahr undenkbar gewesen. Der ehemalige Duma-Abgeordnete Boris Nadeschdin hat öffentlich die Ablösung von Wladimir Putin als russischen Präsidenten gefordert. In einem auf Twitter verbreiteten Video sagt einer der größten Kritiker des Ukraine-Kriegs bei NTV: “Mit dem aktuellen politischen Regime haben wir keine Chance, uns wieder an Europa anzuschließen. Wir müssen eine andere Regierung wählen, die diesen Konflikt mit der Ukraine beendet und normale Beziehungen zu europäischen Ländern aufbaut. Dann wird alles wieder normal sein.” Nadeschdin plädierte dafür, bei den russischen Präsidentschaftswahlen jemand anderen als Putin zu wählen. Moderator und andere Gäste widersprachen dem Oppositionspolitiker jedoch sofort.
Laut dem britischen Verteidigungsministerium war es das erste Mal seit Beginn des Ukraine-Kriegs, dass in russischem Staatsfernsehen die Absetzung von Putin gefordert wurde. Es handelt sich jedoch nicht um den ersten Angriff auf den Kreml-Herrscher oder seine Verbündeten in den letzten Tagen. Nach einem mutmaßlichen Drohnenangriff aus der Ukraine beschimpfte Jewgeni Prigoschin, der Chef der Wagner-Gruppe, die russische Elite als “stinkende Bastarde” und warf ihnen Versagen beim Schutz der eigenen Bevölkerung vor. Der Anführer der Wagner-Gruppe hat bereits mehrfach gegen die militärische Führung des Kremls gewettert und unter anderem eine verstärkte Munitionsversorgung für seine Männer gefordert.