Vor dem Hamburger Landgericht hat am Freitag ein Zivilprozess der hessischen Frauenärztin Kristina Hänel gegen einen radikalen Abtreibungsgegner begonnen, der ihre Tätigkeit im Internet mit den Menschheitsverbrechen der Nazis während des Holocausts verglich. Einem Gerichtssprecher zufolge machte die Kammer bereits klar, dass sie Hänels Antrag auf Unterlassung gegen den Mann stattgeben wird. Eine Entscheidung soll am Montag verkündet werden.
Die Gießener Medizinerin berät und behandelt Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Sie wird von radikalen Abtreibungsgegnern dafür seit langem angefeindet und wegen des Vorwurfs der unerlaubten Werbung für Schwangerschaftsabbrüche angezeigt. Sie wurde dafür schon zu Geldstrafen verurteilt. Ihr Fall führte auch schon zu heftigen öffentlichen und politischen Debatten sowie einer Reform des fraglichen Strafrechtsparagrafen.
Hänels Klage richtet sich nach Gerichtsangaben gegen den Betreiber einer einschlägigen Internetseite, der ihr Wirken in Beiträgen mit den Geschehnissen in den Vernichtungslagern der Nazis im Holocaust verglich oder gar gleichstellte. Dies ist demnach eine rechtlich unzulässige "Schmähkritik", die Hänel nicht hinnehmen muss. Das Recht auf freie Meinungsäußerung deckt Derartiges nicht mehr ab.
Die Beklagtenseite war beim Verhandlungstermin unentschuldigt nicht vertreten, eine eigentlich geplante Videoschaltung kam laut Gericht nicht zustande. Im Zivilprozess kann der Fall dann anders als in einem Strafverfahren auch nach Aktenlage beurteilt werden.
by INA FASSBENDER