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Prozess um Bilanzmanipulation in Milliardenhöhe bei Steinhoff-Konzern ausgesetzt

Ein Wirtschaftsstrafprozess um Bilanzmanipulationen in Milliardenhöhe bei dem international tätigen Möbelhaus- und Einzelhandelskonzern Steinhoff vor dem Landgericht im niedersächsischen Oldenburg ist wegen Nichterscheinens des Hauptbeschuldigten vorläufig ausgesetzt worden. Der ehemalige Vorstandschef der von Südafrika aus gesteuerten Firmengruppe sei am Dienstag nicht zur Auftaktverhandlung erschienen, teilte das Gericht mit. Die anklageführende Staatsanwaltschaft aus Oldenburg habe einen Haftbefehl gegen den 62-Jährigen beantragt, über den das Gericht nun entscheiden werde.

In dem komplexen Prozess geht es laut Anklage um schwer durchschaubare Scheingeschäfte sowie überhöhte Bewertungen von Anlagevermögen in einem Geflecht von Gesellschaften der Steinhoff-Holding, durch den zwischen 2010 und 2014 Verluste bei Tochterfirmen verschleiert und angebliche Gewinne für den Gesamtkonzern ausgewiesen worden sein sollen. Dem früheren Chef wird deshalb Anstiftung zur unrichtigen Darstellung in Bilanzen vorgeworfen.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte zwei parallel in gesonderten Strafverfahren angeklagten Geschäftsführern deutscher Tochterunternehmen Ergebnisvorgaben gemacht haben, die diese abschließend durch Verbuchung von Scheingeschäften auf dem Papier erreichten. Insgesamt geht es dabei um fünf konkrete Tatvorwürfe und Bilanzsummen von mehr als zwei Milliarden Euro. Die Unregelmäßigkeiten wurden 2017 entdeckt und stürzten den global tätigen Konzern in eine Krise. Es wird seither umstrukturiert.

Medienberichten vom Dienstag zufolge verwies ein deutscher Rechtsanwalt des Beschuldigten darauf, dass sein in Südafrika lebender Mandant aufgrund dort gegen ihn geführter Ermittlungen aktuell nicht ausreisen dürfe. Die Staatsanwaltschaft begründete ihren Antrag auf Haftbefehl demnach mit Fluchtgefahr. Das Gericht machte zunächst keine Angaben dazu, wann eine Entscheidung über deren Antrag auf Erlass des Haftbefehls ergehen sollte.

Eröffnet und gegen Zahlung einer sogenannten Geldauflage bereits vorläufig wieder eingestellt wurde am Dienstag laut Gericht nur das Verfahren gegen einen mitangeklagten 72-jährigen früheren Treuhänder einer Gesellschaft der Steinhoff-Holding, dem Beihilfe zur unrichtigen Darstellung in Bilanzen vorgeworfen wurde. Der Mann soll demnach im Gegenzug 30.000 Euro bezahlen.

Die Steinhoff-Holding ist an Möbelhaus- und Einzelhandelsketten in den USA, Europa, Afrika, Südamerika, Australien und Neuseeland beteiligt. Früher gehörten zu ihr unter anderem auch Möbelhausketten in Deutschland. Diese Beteiligungen wurden im Zuge der Neuaufstellung später jedoch verkauft.

bro/cfm