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Prozess um Antisemitismusvorwürfe von Musiker Ofarim in Leipzig begonnen

Mehr als zwei Jahre nach den von Gil Ofarim erhobenen Antisemitismusvorwürfen hat am Dienstag vor dem Landgericht Leipzig der Prozess gegen den Musiker begonnen. Die Anklage wirft dem 41-Jährigen falsche Verdächtigung und Verleumdung vor. Er hatte einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels beschuldigt, von diesem beim Einchecken aufgefordert worden zu sein, eine Halskette mit Davidstern abzulegen.

Das am 5. Oktober 2021 in sozialen Netzwerken verbreitete Video schlug damals hohe Wellen. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft trug sich der von Ofarim geschilderte Vorfall aber so nicht zu. Staatsanwalt Andreas Ricken sagte bei der Anklageverlesung vor dem Landgericht, Ofarim sei bewusst gewesen, "dass das nicht der Wahrheit entspricht" und dass er den Hotelmitarbeiter "wahrheitswidrig als Antisemiten hinstellt".

Der Musiker sei vielmehr aufgebracht gewesen, dass hinter ihm in der Schlange stehende Gäste bevorzugt einchecken konnten. Die Kette mit dem Davidstern, die an Ofarim zuvor bei der Aufzeichnung einer Fernsehsendung zu sehen gewesen war, sei im Hotel "nicht mehr sichtbar gewesen, sagte der Staatsanwalt.

Ofarim, der am Dienstag mit Lederjacke und der deutlich sichtbaren Kette im Gericht erschien, äußerte sich zum Prozessbeginn zunächst nicht selbst. In einer vor Gericht verlesenen Erklärung bekräftigte dessen Verteidiger Alexander Stevens jedoch die von Ofarim geschilderten Geschehnisse. Ofarim habe die Kette mit dem Davidstern "ständig getragen".

"Es geht nicht um den Stern, es geht um die Diskriminierungserfahrung", sagte der Anwalt. "Gil Ofarim hat eine Erfahrung mit der Welt geteilt, die ihn tief getroffen hat", sagte Stevens in seinem Eingangsstatement mit Blick auf das viral gegangene Video.

Die Darstellung des Hotelmanagers, wonach Ofarim aus Verärgerung über die lange Wartezeit mit einer schlechten Hotelbewertung gedroht habe und ihm daher der Meldeschein abgenommen worden sei, hält die Verteidigung für "völlig unplausibel". Der Wortwechsel mit dem Hotelangestellten müsse einen anderen Inhalt gehabt haben, dann sei sein Mandant "unschuldig und freizusprechen", sagte Stevens.

Der Musiker hatte seine Vorwürfe damals auch gegenüber der Polizei wiederholt und zur Anzeige gebracht, weshalb er sich wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung verantworten muss. Die Ermittlungen gegen den von ihm beschuldigten Hotelmitarbeiter wurden im Frühjahr 2022 eingestellt. Die Staatsanwaltschaft sah keinen hinreichenden Tatverdacht gegen den Mann. Er nimmt als Nebenkläger am Prozess teil.

Abgesehen von den Verleumdungsvorwürfen ist Ofarim auch wegen falscher Versicherung an Eides statt angeklagt. Hintergrund sind zwei Anträge zum Erlass von einstweiligen Verfügungen, mit denen Presseveröffentlichungen untersagt werden sollten. Darin soll Ofarim wahrheitswidrig eidesstattlich versichert haben, er habe nie gesagt, dass das von ihm erstellte Video "viral gehen" solle. Die Staatsanwaltschaft hält dies für unwahr.

Dass die Anklage nicht wie üblich bei solchen Vorwürfen am Amtsgericht, sondern am Landgericht Leipzig erfolgte, wurde mit dem großen öffentlichen Interesse begründet. Ofarims Anwälte sprachen im Vorfeld hingegen von einem "Schauprozess". Für das Verfahren, in dem mehr als 20 Zeuginnen und Zeugen geladen sind, wurden zunächst zehn Verhandlungstage bis zum 7. Dezember angesetzt.

Ursprünglich hatte der Prozess bereits vor gut einem Jahr beginnen sollen, er wurde aber kurzfristig verschoben. Das Landgericht begründete dies damals unter anderem mit einem von der Nebenklage kurzfristig eingereichten Schadenersatzantrag sowie von der Verteidigung eingelegten Rechtsmitteln.

Gil Ofarim ist der Sohn des 2018 verstorbenen israelischen Sängers Abi Ofarim. Der 41-jährige Sänger und Schauspieler stand in mehreren Fernsehfilmen und -serien vor der Kamera und veröffentlichte verschiedene Musikproduktionen.

hex/cfm