Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen soll sich nach dem Willen der französischen Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von EU-Geldern vor Gericht verantworten. Ihrer Partei und insgesamt 27 Verdächtigten solle der Prozess gemacht werden, forderte die Staatsanwaltschaft am Freitag in Paris. Zu ihnen zählen auch ihr Vater Jean-Marie Le Pen, mehrere EU-Abgeordnete und parlamentarische Angestellte ihrer Partei Rassemblement National (früher Front National).
Marine Le Pen steht unter Verdacht, in ihrer Zeit als EU-Abgeordnete von 2004 bis 2017 ihre Kabinettschefin und einen Personenschützer aus EU-Mitteln bezahlt zu haben. Am Vortag war bekannt geworden, dass Le Pen in dieser Angelegenheit dem EU-Parlament kürzlich etwa 330.000 Euro zurückgezahlt habe. Dies habe sie jedoch nur getan, um eine Zwangsvollstreckung zu vermeiden, betonte ihr Anwalt Rodolphe Bosselut.
"Es bedeutet in keiner Weise eine Anerkennung der Vorwürfe des EU-Parlaments", sagte er. Le Pen habe bei der Einstellung ihrer parlamentarischen Assistenten kein Unrecht begangen.
Die Affäre war 2014 bekannt geworden. Das EU-Parlament forderte insgesamt 339.000 Euro für die beiden Angestellten zurück, die nicht für das Parlament sondern für die Partei gearbeitet haben sollen. Später kürzte das EU-Parlament Le Pen deswegen die Hälfte ihrer Vergütung. 2017 verließ Le Pen das EU-Parlament, nachdem sie einen Sitz in der französischen Nationalversammlung bekommen hatte.
Neben Le Pen sollen weitere EU-Abgeordnete ihrer Partei EU-Gelder für parlamentarische Assistenten und zu Parteizwecken genutzt haben. Ob es zu einem Prozess kommt, entscheiden nun die Untersuchungsrichter.
Le Pen hatte kürzlich bekräftigt, dass sie bei der Präsidentschaftswahl 2027 zum vierten Mal antreten wolle. Sie bezeichnete sich als "natürliche Kandidatin" ihres Lagers, 2022 unterlag sie in der Stichwahl mit 41 Prozent gegen Emmanuel Macron, der 2027 nach zwei Amtszeiten nicht sofort wieder antreten kann.
kol/ju