Fast vier Jahre nach einem tödlichen Glukosefall in Köln hat vor dem Landgericht der Domstadt der Prozess gegen eine 52 Jahre alte Apothekerin begonnen. Die Angeklagte muss sich wegen fahrlässiger Tötung und versuchten Mordes durch Unterlassen verantworten. Nach Einnahme einer Glukosemischung aus einer Kölner Apotheke im Jahr 2019 starben eine Frau und ihr durch Notkaiserschnitt geborenes Baby. Eine weitere Geschädigte überlebte nach ärztlicher Behandlung.
Die Anklage wirft der Frau vor, ein Glukosepulver unbewusst mit dem toxischen Stoff Lidocainhydrochlorid verunreinigt zu haben. Laut Staatsanwaltschaft könnte dies auf eine Verwechslung von Gefäßen zurückzuführen sein.
Eine schwangere 28-jährige Kölnerin starb am 19. September 2019, nachdem sie in ihrer Frauenarztpraxis eine mit Lidocain versetzte Glukoselösung aus der Apotheke eingenommen hatte. Einen Tag später starb auch das Baby der Frau, das Ärzte noch per Notkaiserschnitt auf die Welt geholt hatten.
Bereits zwei Tage zuvor hatte eine Patientin, die das verunreinigte Gemisch in derselben Arztpraxis zu sich genommen hatte, einen bitteren Geschmack bemerkt. Sie trank nur einen Schluck und wurde bewusstlos. Die Frau erholte sich im Krankenhaus innerhalb eines Tages und überlebte.
Laut Anklage wurde die Apothekerin von der Arztpraxis und einer Ärztin aus dem behandelnden Krankenhaus über die Vorfälle informiert. Die Ankläger sind überzeugt, dass die Apothekerin nach Kontrolle ihrer Bestände und einer Besprechung mit Mitarbeitern von der Verwechslung wusste.
Ihr war demzufolge bewusst, dass bei der später gestorbenen 28-Jährigen eine Lidocainvergiftung vorgelegen haben könnte. Dennoch habe sie es unterlassen, das Krankenhaus darüber zu informieren. Der Staatsanwaltschaft zufolge hätten die Rettungschancen der Frau durch eine Mitteilung erhöht werden können, weil die Frau vergiftungsspezifisch hätte behandelt werden können.
Da dies nicht ohne letzte Zweifel festgestellt werden kann, geht die Anklage lediglich von versuchtem Mord aus, obwohl die Frau und ihr Baby tatsächlich starben. Als Mordmerkmal sieht die Staatsanwaltschaft, dass die Frau die ihr vorgeworfenen Fahrlässigkeitstaten durch eine ausbleibende Mitteilung an das Krankenhaus verdecken wollte.
Die gleichzeitige Anklage wegen fahrlässiger Tötung hielt die Staatsanwaltschaft laut Gericht für nötig, um rechtlich zu würdigen, dass tatsächlich Menschen gestorben seien. Das Gericht setzte zunächst 21 Verhandlungstage bis Ende September fest.
tbh/cfm