Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sieht die SPD-geführte Bundesregierung im Umgang mit geflüchteten Menschen auf der Linie des früheren CSU-Bundesinnenministers Horst Seehofer. Bekannt gewordene Pläne für den Flüchtlingsgipfel am Mittwoch ließen "Schlimmes erahnen", erklärte Pro Asyl am Dienstag. Der Bund setze wie die Vorgängerregierung auf sogenannte Anker-Zentren und sichere Herkunftsstaaten, außerdem auf längere Abschiebungshaft und stärkere Abschottung an den Außengrenzen, so die Kritik.
"Anstatt den Bundesländern bei der Finanzierungsfrage entgegenzukommen, will die Bundesregierung sie mit Gesetzesverschärfungen auf Kosten der Geflüchteten ruhig stellen", erklärte Pro Asyl weiter. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) "setzt dabei auf alte Seehofer-Rezepte, die den Druck auf geflüchtete Menschen erhöhen, sie isolieren und letztlich vor allem ein Ziel haben: Dass möglichst wenige Fliehende nach Deutschland kommen".
Die Flüchtlingsorganisation warf der Regierung "Abschiebungs- und Abschottungsaktionismus" vor. Die meisten Schutzsuchenden kämen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, Türkei oder dem Iran, in denen Gewalt, Diktatur und Verfolgung herrsche. "Diese Menschen haben ein Recht auf Schutz", betonte die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl, Wiebke Judith.
Mit dem Anker-Konzept, das die zentrale Unterbringung von Asylsuchenden beinhaltet, wolle die Bundesregierung ein "Prestigeprojekt" des früheren CSU-Innenministers Seehofer aufwärmen, so der Vorwurf. Dabei stehe eindeutig im Koalitionsvertrag: "Das Konzept der Anker-Zentren wird von der Bundesregierung nicht weiterverfolgt." Die gewünschte Beschleunigung von Asylverfahren werde durch die Zentren nicht erreicht, sie sei mit 77 statt 82 Tagen kaum kürzer, betonte Pro Asyl mit Blick auf Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf).
Dass Berichten zufolge nun auch Georgien und die Republik Moldau als sogenannte sichere Herkunftsstaaten gelten sollen, sei "realitätsfern", hieß es weiter. In diesem Zusammenhang verwies Pro Asyl darauf, dass die Grünen das Konzept der "angeblich sicheren Herkunftsstaaten" stets abgelehnt hätten.
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