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Premierministerin Borne kündigt nach Rentenalter-Anhebung weitere Reformen an

Nach der Anhebung des Renteneinstiegsalters in Frankreich will Premierministerin Elisabeth Borne rasch weitere Reformen durchsetzen. Sie und ihre Regierung seien "entschlossen", den Reformprozess zu beschleunigen, sagte Borne am Samstag bei einer Sitzung von rund 300 Vertretern der Regierungspartei Renaissance in Paris. Ziel sei es, "ein Frankreich der Vollbeschäftigung" zu schaffen, für "Chancengleichheit" zu sorgen und zugunsten des Gesundheitswesens und der Bildung zu "handeln".

Ungeachtet monatelanger Proteste von Gewerkschaften und Oppositionsparteien hatte Präsident Emmanuel Macron zuvor die Anhebung des Renteneinstiegsalters von 62 auf 64 Jahre in Kraft gesetzt. Nach der Billigung der Reform durch den Verfassungsrat unterzeichnete Macron noch am Freitag das Gesetzesvorhaben, am frühen Samstag trat es durch die Veröffentlichung im französischen Amtsblatt in Kraft. Macrons Plänen zufolge soll das Gesetz im September wirksam werden.

Vor den Vertretern des zum ersten Mal tagenden Nationalrats ihrer Partei, einer Art internen Parlaments, versicherte Borne, nach Inkrafttreten des Gesetzes gebe es "weder Sieger noch Besiegte". Die Rentenreform sei schwierig, sie verlange "vielen unserer Landsleute Anstrengungen ab", räumte sie ein. Doch sei die Neuregelung der Altersbezüge notwendig, um "die Zukunft unseres umlagefinanzierten Systems zu sichern". Zudem berücksichtige sie die Situation jedes einzelnen Bürgers. 

Vertreter von Gewerkschaften und Oppositionsparteien reagierten erzürnt auf die rasche Unterzeichnung der Reform durch Macron und kündigten weitere Proteste an. Die Gewerkschaften für die Mitarbeiter der Eisenbahngesellschaft SNCF riefen in einer gemeinsamen Erklärung für kommenden Donnerstag zu einem "Tag des Eisenbahnerzorns" auf. Zum Tag der Arbeit am 1. Mai werden massive Proteste erwartet.

In mehreren Städten des Landes gingen unterdessen erneut Menschen gegen die Reform auf die Straße. In nordwestfranzösischen Rennes kam es am Samstag wie schon am Vorabend zu Ausschreitungen. Geschäfte wurden verwüstet und Autos angezündet, Demonstranten lieferten sich Zusammenstöße mit der Polizei. In Paris marschierten 300 Demonstranten unterdessen friedlich durch den 19. Bezirk und riefen zum Widerstand gegen die Reform auf.

Präsident Macron wird sich nach Angaben des Elysée-Palasts am Montagabend in einer Fernsehansprache an die Franzosen richten. In der Rede werde sich der Staatschef "im Geiste der  Versöhnung" an seine Landsleute wenden, sagte Regierungssprecher Olivier Véran am Samstag.

se/ans