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Polizei vereitelt mutmaßlich islamistischen Anschlag auf Synagoge in Hagen

Vier Festnahmen - keine gefährlichen Gegenstände gefunden

In Hagen hat die Polizei einen mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag auf die Synagoge der Stadt vereitelt. Durch den Einsatz sei eine "konkrete Gefährdung" am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur verhindert worden, teilten die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf und die Polizei Dortmund am Donnerstag gemeinsam mit. Ein 16-jähriger Syrer sowie drei weitere Menschen wurden demnach vorläufig festgenommen. Ermittelt werde wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Am Mittwoch sei ein ernstzunehmender und konkreter Hinweis bei der Polizei eingegangen, der "Rückschlüsse auf eine islamistisch motivierte Bedrohungslage" zugelassen habe, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag in Köln. "Konkret heißt übrigens: Klare Tatzeit, Tatort und Täter waren benannt."

Da es bei dem Hinweis einen klaren Bezug zur Synagoge gegeben habe, sei eine darin geplante Veranstaltung kurzfristig abgesagt und der Polizeischutz vor Ort "deutlich intensiviert" worden. Schwer bewaffnete Polizisten umstellten daraufhin die Synagoge, der Bereich um das Gebäude war weiträumig abgesperrt.

"Nach Räumung und Absuchung der Synagoge - auch mit Sprengstoffhunden - wurden bisher keine gefährlichen Gegenstände in oder im Umfeld der Synagoge festgestellt", sagte Reul. Hinweise auf weitere Gefährdungen gab es nicht.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sicherte die Aufklärung der Anschlagspläne zu. "Die unmittelbare Gefahr ist gebannt - und wir werden alles tun, um aufzuklären, welche Netzwerke möglicherweise hinter diesem Anschlag standen", sagte der Unionskanzlerkandidat in Bremen. Es werde alles getan, um die Sicherheit jüdischen Lebens zu garantieren.

NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) forderte nach Bekanntwerden der Pläne "Härte und Konsequenz" im Kampf gegen den Terrorismus. "Freiheit und Demokratie haben erst gewonnen, wenn jeder und jede angstfrei in unserem Land leben kann", sagte der stellvertretende Ministerpräsident dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Seine Solidarität gelte allen Jüdinnen und Juden.

"Es schmerzt, dass Jüdinnen und Juden in Hagen einer solchen Bedrohungslage ausgesetzt sind und Jom Kippur nicht gemeinsam feiern können", erklärte Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. "Es ist unsere Pflicht, alles zu ihrem Schutz zu tun und bei Gefahr sofort einzuschreiten." Polizei und Justiz würden die Hintergründe der Tat aufklären.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, äußerte sich erschüttert. "Ich bin entsetzt über neuerliche Pläne für einen Anschlag auf eine Synagoge an Jom Kippur", sagte Klein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er mahnte ein hohes Maß an Wachsamkeit gegenüber antisemitischen Bedrohungen an.

"Der Vorfall in Hagen zeigt, dass der Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland weiterhin allerhöchste Priorität haben muss", erklärte Benjamin Strasser, der Antisemitismusbeauftragte der FDP-Bundestagsfraktion. Es müsse nun geklärt werden, ob der Tatverdächtige den deutschen Behörden selbst bekannt war. "Sollte nur durch einen Hinweis ausländischer Nachrichtendienste ein Anschlag knapp verhindert worden sein, wäre das fatal."

"Es macht traurig und erschüttert, dass Jüdinnen und Juden an Jom Kippur wieder nicht ohne Angst in die Synagoge können", erklärte Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU). Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) brachte ihre Erschütterung zum Ausdruck. "Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden erneut einer so schrecklichen Bedrohungslage ausgesetzt sind und den Beginn ihres höchsten Fests Jom Kippur nicht friedlich gemeinsam feiern konnten", erklärte sie.

Die vereitelte Gewalttat in Hagen weckt Erinnerungen an den Anschlag von Halle am 9. Oktober 2019. Damals wollte ein Rechtsextremer - ebenfalls an Jom Kippur - einen Anschlag auf die Synagoge verüben, in der sich zu diesem Zeitpunkt 51 Menschen versammelt hatten. Nachdem er an der Tür gescheitert war, erschoss er auf offener Straße eine zufällig vorbeilaufende Passantin und später einen jungen Mann in einem Dönerimbiss. Der Täter ist inzwischen wegen zweifachen Mordes und vielfachen Mordversuchs verurteilt.

by Ina FASSBENDER