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Polizei kündigt hartes Vorgehen gegen Demonstrationen von Nawalny-Anhängern an

Weitere Unterstützer des Kreml-Kritikers vor geplanten Kundgebungen festgenommen

Die Moskauer Polizei hat ein hartes Durchgreifen gegen die für Samstag geplanten Proteste der Opposition angekündigt. Nicht genehmigte Kundgebungen und "provokative Handlungen" würden sofort unterbunden, erklärte die Polizei am Freitag. Die Behörden verschärften bereits vor den angekündigten Demonstrationen in Moskau und anderen Städten ihr Vorgehen gegen Anhänger des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny. Mehrere seiner Vertrauten wurden festgenommen. EU-Ratspräsident Charles Michel forderte in einem Telefonat mit Kreml-Chef Wladimir Putin Nawalnys Freilassung.

Nawalnys Unterstützer haben für Samstag zu Demonstrationen in rund 65 Städten im ganzen Land aufgerufen. Die Behörden warnen vor einer Teilnahme an den Protestkundgebungen. "Alle Versuche, nicht genehmigte öffentliche Veranstaltungen abzuhalten und alle provokativen Handlungen der Teilnehmer werden als Bedrohung der öffentlichen Ordnung betrachtet und unverzüglich unterdrückt", erklärte die Moskauer Polizei.

Die russische Bereitschaftspolizei geht regelmäßig mit großer Härte gegen oppositionelle Demonstranten vor. Teilnehmer solcher Kundgebungen werden oft zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt.

Nawalny war am Sonntag direkt nach seiner Rückkehr aus Deutschland in Moskau festgenommen worden. In Berlin war er nach einem Giftanschlag im August behandelt worden, für den der Oppositionelle den Kreml verantwortlich macht. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen.

Die Anhänger Nawalnys riefen daraufhin zu landesweiten Protesten auf. Nach Nawalnys Festnahme, die auch international verurteilt worden war, hatten sich viele Russen in den Onlinenetzwerken solidarisch gezeigt und zu einer regen Teilnahme an den Kundgebungen aufgerufen. Auch mehrere prominente russische Schauspieler, Musiker und Sportler äußerten ihre Unterstützung für Nawalny. Eine von Nawalnys Team veröffentlichte Recherche zu einem angeblichen Luxus-Palast von Putin heizte die Stimmung weiter auf.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte am Donnerstag vor weiteren Protestaufrufen gewarnt und "vorbeugende Maßnahmen" angekündigt. Später nahm die Polizei mehrere von Nawalnys Vertrauten fest. Unter ihnen sind seine Sprecherin Kira Jarmysch und die bekannte Aktivistin Ljubow Sobol, die am Freitag zu einer Anhörung vor Gericht erscheinen müssen.

Am Freitag nahm die Polizei außerdem Nawalnys Büroleiterinnen in Wladiwostok und Tjumen sowie zwei weitere Mitarbeiter in Nowosibirsk und Kaliningrad in Gewahrsam, wie das Team des Regierungskritikers und die Menschenrechtsorganisation OWD-Info mitteilten.

Sobol werden Aufrufe zu nicht genehmigten Kundgebungen vorgeworfen. Nach Angaben ihres Anwalts droht ihr eine Geldstrafe von umgerechnet 4000 Euro. Da sie ein kleines Kind habe, sei eine Haftstrafe unwahrscheinlich. Jarmysch könnte hingegen nach Einschätzung ihrer Anwältin wegen der Protestaufrufe zu zehn Tagen Gefängnis verurteilt werden.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten die Verhaftung Nawalnys am Donnerstag einhellig verurteilt und seine Freilassung verlangt. EU-Ratspräsident Michel bekräftigte diese Forderung am Freitag in einem Telefonat mit Putin. Nach Angaben seines Büros rief er den Kreml-Chef auch dazu auf, eine transparente Untersuchung zu dem Giftanschlag vom Sommer auf Nawalny einzuleiten.

Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck (SPD), forderte die russische Regierung derweil zu einem liberaleren Umgang mit der Zivilgesellschaft auf. "In einer gesellschaftlich schwierigen Situation braucht es vor allem Mut zur Zivilgesellschaft, keine Angst vor ihr", sagte der frühere brandenburgische Ministerpräsident dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Mit Blick auf Nawalny hoffe er, dass die russische Regierung zu einer "vernünftigen Auflösung der Situation in der Lage ist".

by Kirill KUDRYAVTSEV