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Politiker dämpfen Hoffnung auf schnelle Lockerungen nach Lockdown

Steinmeier mahnt Rücksichtnahme und Solidarität an

Nach der Entscheidung für einen harten Lockdown haben führende Politiker die Hoffnungen auf baldige Lockerungen gedämpft. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sagte den Sendern n-tv und RTL, er habe zwar die "große Hoffnung", dass die Infektionszahlen durch die neuen Maßnahmen sinken. "Eine umfassende Lockerung halte ich für sehr, sehr unwahrscheinlich", fügte er aber an. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief die Menschen zu Solidarität und Rücksichtnahme in der Krise auf.

Januar und Februar seien für Atemwegserkrankungen "schwierige Monate", sagte Braun am Montag. Er forderte, mögliche Treffen mit Familie und Freunden an Weihnachten gut vorzubereiten. In der Vorweihnachtswoche sollten die Menschen zu Hause bleiben und keine Kontakte mehr haben. "Dann kann das verantwortbar sein, dass man sich über Weihnachten auch mit älteren oder vorerkrankten Menschen trifft. Braun betonte zugleich: "Wenn man sich acht Termine hintereinander auf einen Weihnachtstag legt, wäre das natürlich nicht der Sinn der Sache."

"Die kommenden Wochen sind eine Prüfung für uns alle.", sagte Steinmeier in einer kurzen Ansprache in Berlin. "Wir sind ein starkes Land, weil in dieser schweren Krise so viele Menschen füreinander da sind und über sich hinauswachsen."

Mit Blick auf die bevorstehenden Weihnachtstage fügte Steinmeier hinzu: "Feiern lassen sich nachholen, über Geschenk freuen sich Freunde und Verwandte auch später noch." Jetzt gehe es darum, Gesundheit zu erhalten und Leben zu retten.

Ausdrücklich unterstützte der Bundespräsident die von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen zu einem harten Lockdown ab Mittwoch. Die bisherigen Anstrengungen reichten nicht aus.

Auch der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach äußerte sich skeptisch zu baldigen Lockerungen. Er sagte in der n-tv-Sendung "Corona Spezial", entscheidend sei, nicht zu früh aus dem Lockdown zu gehen. "Wir müssen die Zielinzidenz von 50 sauber unterschreiten."

Nach Überzeugung von Regierungssprecher Steffen Seibert lässt sich die Frage nach Lockerungen im Januar nur vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens beantworten. Die Maßnahmen würden so lange gebraucht, wie die Pandemie andauere. Auch die Frage einer möglichen Langfriststrategie beantwortete Seibert zurückhaltend. Es sei "sehr deutlich geworden, dass dieses Infektionsgeschehen immer ein sehr dynamisches ist".

Demgegenüber bekräftigte FDP-Chef Christian Lindner die Forderung nach einer Planung für die kommenden Monate. Die Zeit über Weihnachten müsse genutzt werden, um endlich eine Langfriststrategie zu entwickeln, sagte er der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstagsausgabe). "Die vergangenen Monate wurden trotz wiederholter Forderungen der FDP nicht dafür genutzt, etwa Alten- und Pflegeheime mit Schnelltests und FFP2-Masken auszustatten."

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) rief die Bürger eindringlich zur Beschränkung ihrer sozialen Kontakte im privaten Bereich auf. Seiner Überzeugung nach kämen "sehr viele Infektionen" aus dem unmittelbaren privaten Bereich, sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Es sei dringend erforderlich, nun über "eine längere Zeit" Kontakte im privaten Bereich reduzieren.

Bund und Länder hatten sich am Sonntag auf einen harten Lockdown mit weitreichenden Laden- und Schulschließungen, Einschränkungen des Kita-Betriebs und Kontaktbeschränkungen geeinigt. Die Maßnahmen gelten zunächst bis zum 10. Januar.

by Ina FASSBENDER