Das Rennen um das französische Präsidentenamt nimmt an Fahrt auf: Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo gab am Sonntag ihre Kandidatur für die Wahlen im nächsten Frühjahr bekannt. Sie kandidiere, um "allen unseren Kindern eine Zukunft zu bieten", erklärte die 62-jährige Politikerin der Sozialistischen Partei (PS). Unterdessen gab Marine Le Pen den Vorsitz ihrer rechtspopulistischen Partei ab, um sich vollständig auf den Wahlkampf zu konzentrieren.
Hidalgo sagte vor Anhängern im nordfranzösischen Rouen: "Wir müssen unser französisches Modell, das durch zahlreiche Krisen geschwächt wurde, neu erfinden." Sie wolle "der Geringschätzung ein Ende setzen" und wieder "Respekt" im Land herstellen, sagte sie in Anspielung auf Präsident Emmanuel Macron, dem seine politischen Gegner regelmäßig Arroganz vorwerfen. In den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs werde sie den Umweltschutz stellen.
"Wir müssen den ökologischen Wandel schaffen", erklärte sie. Für den Fall ihres Wahlsiegs versprach sie unter anderem einen "Fünfjahresplan zur Abkehr von fossilen Brennstoffen in unserer Wirtschaft" und Verhandlungen über höhere Löhne.
Bei der Ankündigung ihrer Kandidatur verwies Hidalgo auch auf ihre Erfahrung als Pariser Bürgermeisterin. In dieser Funktion hat Hidalgo Radwege massiv ausgebaut, Parkplätze zu Straßencafés umgewandelt und fast überall Tempo 30 eingeführt. Kritiker werfen ihr vor, dass sie keine Rücksicht auf die Bewohner der Pariser Vorstädte nehme und sich nicht hinreichend in der französischen Provinz auskenne.
Aktuellen Umfragen zufolge käme Hidalgo im ersten Wahlgang lediglich auf sieben bis neun Prozent der Stimmen. Dies würde bei Weitem nicht ausreichen, um sich für den zweiten Wahlgang zu qualifizieren. Die 62-Jährige hat die Unterstützung von PS-Parteichef Olivier Faure, wird sich aber erst noch einer internen Vorwahl stellen.
Marine Le Pen hat Meinungsforschern zufolge gute Chancen, wie schon 2017 wieder in die Stichwahl einzuziehen. Die 53-Jährige übergab bei einem Parteitag für die Dauer des Präsidentschaftswahlkampfes die Führung der Rassemblement National (RN, Nationale Sammlungsbewegung, früher Front National) an ihren Stellvertreter Jordan Bardella. Bei ihrer Rede in Fréjus im Süden Frankreichs betonte sie ihre Kernthemen, den Kampf gegen Einwanderung und Kriminalität.
Für den Fall ihrer Wahl kündigte sie ein Referendum über die Einwanderungspolitik an und erklärte, "französische Straftäter ins Gefängnis und Ausländer ins Flugzeug" zu stecken. Außerdem griff sie die Corona-Politik von Präsident Emmanuel Macron an und nannte diese eine "unverhältnismäßige Verletzung des Rechts auf Freiheit".
Schließlich kritisierte Le Pen das Militärbündnis Nato als "kriegerisch" sowie "anachronistisch" und erklärte, unter ihrer Führung werde "kein Franzose in Kriegen sterben, die nicht unsere sind". Der "verrückten technokratischen Diktatur" der EU wolle sie zudem ein Ende setzen.
Bislang haben fast 30 Politiker und Politikerinnen erklärt, bei der Präsidentschaftswahl im April 2022 in Frankreich antreten zu wollen. Amtsinhaber Macron hat sich dazu noch nicht geäußert.
by Thomas SAMSON