Christliche Weihnacht unter Corona-Bedingungen: Unter strikten Hygienevorschriften und ohne den üblichen Massenandrang haben am Heiligabend die traditionellen Zeremonien in Rom und Bethlehem stattgefunden. Papst Franziskus feierte die Christmette vor weniger als 200 Gläubigen im Petersdom. Dabei rief das Kirchenoberhaupt die Gläubigen auf, nicht "das eigene Schicksal zu beklagen, sondern die Tränen jener zu lindern, die leiden". Auch bei der Mitternachtsmesse in Bethlehem war die Besucherzahl stark reduziert.
Das Oberhaupt der 1,3 Milliarden Katholiken legte in seiner Predigt am Donnerstagabend den Schwerpunkt auf die Nächstenliebe und kritisierte den Egoismus. "Unersättlich wollen wir mehr haben, und so stürzen wir uns auf die vielen Futterstellen der Eitelkeit und vergessen dabei die Krippe von Bethlehem", sagte Franziskus unter Bezug auf die Geburt von Jesus Christus. So seien die Menschen, "was die Güte anbelangt, oft Analphabeten".
Die Christmette des Papstes war um zwei Stunden auf 19.30 Uhr MEZ vorverlegt worden, damit die in Italien zum Schutz gegen das Coronavirus geltende Ausgangssperre ab 22.00 Uhr eingehalten werden konnte. Die meisten Plätze im Petersdom blieben leer. Die Besucher trugen Atemschutzmasken. Bei ihnen handelte es sich vorwiegend um Beschäftigte des Vatikanstaates. Normalerweise drängen sich zur Christmette im Petersdom tausende Menschen.
Auch seine traditionelle Botschaft am ersten Weihnachtsfeiertag wird der Papst unter völlig veränderten Bedingungen halten. Statt wie üblich von der Loggia des Petersdoms wird Franziskus in der Benediktionsaula seine Botschaft an die Gläubigen in aller Welt sprechen und dann den feierlichen Papstsegen "Urbi et Orbi" ("Der Stadt und dem Erdkreis") spenden. Anders als sonst dürfen sich keine Menschenmassen zum Papstsegen auf dem Petersplatz versammeln.
Auch in Bethlehem, der Geburtsstadt Christi im Westjordanland, fehlten die üblichen Menschenmassen am Heiligabend. An der Mitternachtsmesse in der Geburtskirche nahmen nur wenige Kleriker und geladene Gäste teil.
"Sie dürfen sich nicht die Hand geben, aber sie dürfen sich den Frieden wünschen", sagte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, während des Gottesdienstes in dem Moment, in dem sich die Gläubigen traditionellerweise die Hände schütteln. Vor einem Jahr hatte Pizzaballa viele Gläubige in Bethlehem noch persönlich mit Handschlag begrüßt.
Auch der Manger-Platz vor der Geburtskirche bot ein Kontrastbild zu den früheren Weihnachtsfeiern: Sonst drängen sich dort tausende Gläubige, diesmal blieb er weitgehend leer.
Franziskus kündigte am Heiligabend aber trotz der weltweit wegen der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen in Aussicht, dass er wieder ins Ausland reisen wolle: Er hoffe, "so bald wie möglich" den Libanon besuchen zu können, schrieb der Papst an den Patriarchen der maronitischen Kirche, Kardinal Beschara Rai. In einer weiteren Botschaft gemeinsam mit dem anglikanischen Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, drückten beide Würdenträger ihren Wunsch aus, den Südsudan zu besuchen.
by STRINGER