Nach der Einigung über den EU-Rechtsstaatsmechanismus hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban die Kritik an der rechtsstaatlichen Verfassung seines Landes als "obskur" zurückgewiesen. Die Vorhaltung, es gebe keine Pressefreiheit in Ungarn, sei ein "diffuser Vorwurf", sagte Orban der "Bild"-Zeitung am Dienstag. Es sei "so obskur, dass es schwerfällt, überhaupt darauf zu reagieren."
Ungarn und andere mittel- und osteuropäische Länder hätten "ihre Freiheit nicht geerbt, sondern erkämpft", sagte Orban weiter. Daraus resultierend sei "Rechtsstaatlichkeit für sie auch ein besonders wertvolles Gut". Dieses könne und müsse "aber nur auf der Grundlage belastbarer und überprüfbarer Fakten diskutiert werden".
Der ungarische Regierungschef forderte die Kritiker in den Reihen der EU-Politiker auf, Fakten zu nennen, anstatt mit allgemeinen, nicht belegten Vorwürfen Stimmung zu machen: "Wer eine Diktatur erlebt hat, weiß nur zu gut, dass Anschuldigungen gern in diffusen Terminologien verpackt und nie richtig konkretisiert wurden", äußerte er weiter. Es müsse "glasklar definiert werden", worauf die Vorwürfe der Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien gegen sein Land basierten - "und ob sie begründet sind oder eben nicht".
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich in ihrer am Dienstagmorgen beschlossenen Erklärung zum Finanzgipfel grundsätzlich darauf verständigt, die Auszahlung von EU-Geldern künftig mit der Einhaltung von Rechtsstaatlichkeitsprinzipien zu verknüpfen. Viele Details dieses Rechtsstaatsmechanismus blieben aber noch unklar, sie sollen bei einem weiteren EU-Gipfel per Einstimmigkeit noch einmal konkretisiert werden. Orban hatte diese sehr vage Gipfel-Einigung als einen Sieg gefeiert.
by STEPHANIE LECOCQ