Zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Polen haben sich nach Angaben der Opposition in Warschau hunderttausende Menschen zu einer Demonstration gegen die rechtsnationalistische Regierung versammelt. Oppositionsführer Donald Tusk sagte zu Beginn des Protestmarsches am Sonntag: "Wenn ich in diese hunderttausenden, lächelnden Gesichter sehe, dann spüre ich, dass der Wendepunkt in der Geschichte unseres Heimatlandes naht.
Mit der Demonstration, die "Marsch der Millionen Herzen" getauft wurde, will die Opposition vor der Wahl am 15. Oktober ihre Anhänger mobilisieren. Die liberale Bürgerplattform (PO) von Oppositionsführer Donald Tusk hofft, die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) abzulösen, die vor allem wegen Rechtsstaatsdefiziten mit der EU im Dauerclinch liegt.
Es finde "ein großer Wandel statt", sagte der frühere Ministerpräsident und einstige EU-Ratspräsident Tusk vor seinen Anhängern im Stadtzentrum von Warschau. "Es ist wichtig, dass ganz Polen sieht, dass niemand mehr Angst vor ihnen hat", hatte er schon am Donnerstag mit Blick auf die Demo und die PiS gesagt.
Zahlreiche Demonstranten strömten nun mit den Flaggen Polens und der EU ins Zentrum der polnischen Hauptstadt. Auch der frühere Präsident und Nobelpreisträger Lech Walesa hat seine Teilnahme angekündigt. Viele Menschen hatten sich bereits in den frühen Morgenstunden in Warschau versammelt. Aus dem ganzen Land waren Demonstranten angereist, um gegen die Regierung zu protestieren.
"Wir haben genug von dem, was wir jetzt erleben", sagte der 65-jährige Kazimierz Figzal aus dem Südwesten Polens, der nach eigenen Angaben sieben Stunden Anfahrt zur Demo in Kauf genommen hatte. Die Freiheit der Menschen werde "beschnitten", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. "Wir wollen Demokratie, für unsere Kinder und Enkelkinder."
Der rechtsnationalistischen PiS werfen Kritiker vor, die demokratischen Institutionen und insbesondere die Justiz in Polen zu untergraben. Auch Frauen- und Minderheitenrechte werden demnach zunehmend beschnitten. Zuletzt hatten Regierungsäußerungen zu einem möglichen Stopp von Militärhilfen für die Ukraine für Irritationen gesorgt, obwohl Polen bisher zu den stärksten Unterstützern der Ukraine im Kampf gegen Russland zählt. Zudem brachte ein Skandal um illegale Visavergaben an Migranten die für ihren harten Kurs in der Migrationspolitik bekannte Regierung in Bedrängnis. Im Wahlkampf war von der PiS auch immer wieder eine anti-deutsche Stimmung geschürt worden.
Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts Ibris zu den Wahlen führt die PiS derzeit mit 35 Prozent, das Oppositionsbündnis von Tusk kommt demnach derzeit auf 27 Prozent der Stimmen. Doch laut Tusk zeigen interne, von seiner eigenen Partei in Auftrag gegebene Umfragen, dass der PiS-Vorsprung auf nur noch zwei Prozentpunkte geschrumpft sei. "Die Chance ist zum Greifen nah, noch ist nichts entschieden", sagte der Oppositionspolitiker Anfang der Woche. Die PiS organisiert am Sonntag ihre eigene Demo in Katowice im Süden des Landes.
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