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Özdemir legt Kompromiss bei Reklame für ungesunde Kinder-Lebensmittel vor

Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) hat seine Pläne für Werbeverbote abgeschwächt, die Kinder vor Reklame für ungesunde Lebensmittel schützen sollen. "Wir konzentrieren uns bei den Sendezeiten nun auf die Kinder-Primetime – also auf die Zeitfenster, in denen besonders viele Kinder sehr viel schauen", sagte Özdemir der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). Kritik kam aber weiter vom Koalitionspartner FDP.

Im ersten Entwurf war generell ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel von 6.00 bis 23.00 Uhr im Fernsehen vorgesehen gewesen. Laut Özdemir soll die Werbeeinschränkung nun wochentags nur von 17.00 bis 22.00 Uhr gelten, samstags zusätzlich von 8.00 bis 11.00 Uhr und sonntags von 8.00 bis 22.00 Uhr. 

"Im Hörfunk verzichten wir auf eine Sendezeit-Regelung", sagte Özdemir weiter. "Was Angebote im Internet angeht, sind alle gängigen Kanäle betroffen und auch Influencer, deren Inhalte zunehmend von Kindern konsumiert werden."

Mit Blick auf ein bislang geplantes Plakatverbot auch im Umkreis von Sportplätzen sagte Özdemir nun: "Wir konzentrieren uns hier auf die direkte Ernährungsumgebung der Kinder: Kitas und Schulen. Und wir stellen klar, dass es kein Verbot von Werbung für Lebensmittel in Schaufenstern gibt." Zudem werde die bereits vorhandene Ausnahme für Milch und Fruchtsäfte auf Joghurt ausgeweitet, der nicht extra gesüßt sei.

Özdemir verwies mit Blick auf die Änderungen auf seit März laufende Gespräche mit anderen Ressorts. "Wir haben Anregungen und Kritik einfließen lassen und unseren Entwurf entsprechend präzisiert", sagte er. Özdemirs ursprüngliche Pläne hatten zu heftiger Kritik vor allem aus der Werbewirtschaft und der Lebensmittelindustrie, aber auch des Koalitionspartners FDP geführt.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki sagte trotz der Änderungen, er halte die Pläne "weiterhin für falsch". Er glaube nicht, dass "das Werbeverbot helfen wird, das eigentliche Gesundheitsproblem, nämlich den Bewegungsmangel der Kinder, zu beheben". Kinder würden in erster Linie durch ihr Elternhaus geprägt. "Ein Werbeverbot für Kinder läuft völlig ins Leere und ist deshalb nichts anderes als politischer Aktionismus."

Der Vorsitzende der Stiftung Kindergesundheit, Berthold Koletzko, kritisierte hingegen, dass Plakatwerbung in der Nähe von Spielplätzen und Freizeiteinrichtungen weiterhin erlaubt wäre. Auch mit den gekürzten Verbotszeiten für Fernsehwerbung zeigte er sich gegenüber den RND-Zeitungen unzufrieden: "Wenn man Kinder und ihre Gesundheit wirkungsvoll schützen will, sollten die Zeiten von 6.00 bis 23.00 Uhr wochentags und am Wochenende eingeschlossen werden."

Die oppositionelle Union forderte "endlich ein ordentliches parlamentarisches Beratungsverfahren" zu den Plänen. Özdemir mache seit Monaten "immer neue mediale Ankündigungen und Kurskorrekturen", erklärte stellvertretende Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger (CDU). "Es muss klar sein, welche Lebensmittel von dem Verbot betroffen sein sollen." Fehlende Klarheit sorge "bei allen Betroffenen, egal ob Handwerksbetrieb, Industrie oder Verbraucher, für Unsicherheit und Verdruss."

Özdemir zeigte sich für Gespräche offen. "Ich habe ein faires Angebot gemacht, das Kritik auch aufgreift." Er freue sich nun "über lösungsorientierte Gespräche". "Aber über die Gesundheit der Kinder verhandle ich nicht", sagte er.

mt/hex