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Österreichs Ex-Kanzler Kurz präsentiert sich vor Gericht als Opfer

Der wegen des Verdachts der Falschaussage angeklagte ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sich am zweiten Verhandlungstag als Opfer dargestellt und Staatsanwaltschaft und politische Gegner für seine juristischen Probleme verantwortlich gemacht. "Vor dem Gesetz sind alle gleich", aber er selbst werde nicht nach diesem Grundsatz behandelt, sagte der 37-Jährige am Freitag in Wien.

Der Ex-Regierungschef von der konservativen ÖVP warf der Staatsanwaltschaft vor, den Sozialdemokraten nahezustehen und seine eigene Partei durch immer neue unbegründete Ermittlungsverfahren bekämpfen zu wollen. "Sie wollten mich einfach zerstören", sagte Kurz mit Verweis auf die Opposition. Die Anklage habe seine Antworten vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss im Jahr 2020 falsch ausgelegt und durch die Auswahl der Beweise das Bild verzerrt. 

Laut Anklageschrift hatte Kurz in einer Befragung durch den Ibiza-Untersuchungsausschuss 2020 wissentlich falsch ausgesagt, als es um die Frage ging, ob er bei der Besetzung des Chefpostens bei der Staatsholding ÖBAG zugunsten seines Vertrauten Thomas Schmid interveniert habe.

Kurz wies den Vorwurf der bewussten Falschaussage zurück. Er habe vor dem Ausschuss vieles allgemein ausgedrückt, um nichts Falsches zu sagen. Auch die Angst vor einem möglichen Strafverfahren habe eine Rolle gespielt. 

Vor dem Parlamentsausschuss hatte Kurz seine Rolle damals als unwesentlich dargestellt - im Frühjahr 2021 bekannt gewordene Chats zwischen ihm und Schmid schienen aber den Verdacht der Ermittler zu bestätigen. Demnach hatte der damalige Kanzler seinem Vertrauten unmittelbar vor dessen Bestellung zum Vorstand der Holding geschrieben: "Kriegst eh alles, was Du willst." Schmid antwortete darauf, er sei so glücklich: "Ich liebe meinen Kanzler."

Im Falle einer Verurteilung drohen Kurz bis zu drei Jahre Haft. Der heute 37-jährige Kurz wurde in Österreich und auch im Ausland lange Zeit für seinen steilen Aufstieg in der Politik als "Wunderkind" bejubelt: 2017 wurde er im Alter von 31 Jahren der jüngste Regierungschef weltweit. Nach seinem Rücktritt zog er sich vollständig aus der Politik zurück.

Auslöser der Ermittlungen war die sogenannte Ibiza-Affäre: Ein heimlich auf der spanischen Insel Ibiza gedrehtes Video hatte gezeigt, wie der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der rechtspopulistischen FPÖ vor der Parlamentswahl 2017 einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte im Gegenzug für Wahlhilfe Staatsaufträge in Aussicht stellte.

Die Veröffentlichung des Videos führte zu Ermittlungen gegen österreichische Politiker und brachte Strache und die erste Regierung Kurz zu Fall, der danach aber wieder zum Kanzler einer neuen Koalition gewählt wurde. Im Oktober 2021 trat Kurz dann wegen verschiedener Korruptionsvorwürfe zurück, den Ausschlag gab letztlich eine Affäre um geschönte Umfragen.

ck/yb