Die Bestätigung der Todesstrafe gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd durch das Oberste Gericht im Iran hat Bestürzung in Deutschland ausgelöst. Die Bundesregierung setze sich "mit allen Kräften" für Sharmahd ein und versuche, die Hinrichtung zu verhindern, teilte Außenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch mit. Nach Angaben von Amnesty International ist es das erste Todesurteil gegen einen deutschen Staatsbürger im Iran, das schon in wenigen Wochen vollstreckt werden könnte.
Der 68-jährige Sharmahd war im Februar in Teheran wegen der angeblichen Beteiligung an einem Anschlag auf eine Moschee in der südiranischen Stadt Schiras im April 2008 schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden. Die iranische Justiz beschuldigt Sharmahd zudem, Kontakte zu ausländischen Geheimdiensten zu unterhalten. Das Oberste Gericht im Iran bestätigte nun das Urteil, die Maßnahmen für Sharmahds Hinrichtung wegen Terrorvorwürfen sollen laut einem Justizsprecher in Teheran "ergriffen werden".
Das Auswärtige Amt teilte mit, es habe die Nachricht über das Todesurteil "mit Bestürzung" aufgenommen. Baerbock schrieb auf Twitter: "In Berlin und Teheran setzen wir uns mit allen Kräften für Herrn Sharmahd und gegen die Vollstreckung des Urteils ein." Der deutsche Botschafter im Iran habe "eine Dienstreise sofort abgebrochen und befindet sich auf dem Weg zurück nach Teheran, um bei den iranischen Behörden zu intervenieren". Das Urteil sei "willkürlich" und "inakzeptabel". "Jamshid Sharmahd hatte zu keinem Zeitpunkt den Ansatz eines fairen Prozesses."
Nach Angaben seiner Familie war der Oppositionelle, der zuletzt jahrelang in den USA lebte, 2020 bei einem Zwischenstopp in Dubai vom iranischen Geheimdienst in den Iran verschleppt worden. Sharmahd soll die Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner) angeführt haben, die sich für einen Sturz der islamischen Führung in Teheran einsetzt und im Iran als "Terrororganisation" eingestuft ist.
Der Menscchenrechtsorganisation Amnesty International zufolge ist es das erste Todesurteil gegen einen deutschen Staatsbürger im Iran. Amnesty bezeichnete das Urteil als "zutiefst unmenschlich und grausam" und forderte "eindeutige und wahrnehmbare diplomatischen Konsequenzen" von der Bundesregierung. Berlin hatte im Anschluss an das Urteil vom Februar bereits zwei iranische Diplomaten ausgewiesen, Teheran reagierte mit der Ausweisung zweier deutscher Diplomaten.
Derzeit sind im Iran mindestens 16 Menschen mit westlicher Staatsbürgerschaft inhaftiert. Die meisten von ihnen haben auch die iranische Staatsbürgerschaft. Der Iran erkennt doppelte Staatsbürgerschaften allerdings nicht an und behandelt die Verhafteten wie Iraner.
Im Januar sorgte der Iran mit der Hinrichtung des früheren britisch-iranischen Politikers Alireza Akbari international für Empörung, der wegen angeblicher Spionage verurteilt worden war. Nach Angaben von Amnesty wurden in jüngster Vergangenheit drei Todesstrafen im Iran bereits ein bis zwei Wochen nach der Bestätigung des Urteils vollstreckt.
Die Vorsitzende des Menschenrechts-Auschusses im Bundestag, Renata Alt (FDP), forderte, die Hinrichtung von Sharmahd zu verhindern. Mit einem "Regime, das einen deutschen Staatsbürger aus einem Drittland entführt, jahrelang in Einzelhaft hält, foltert und ohne eigenen Rechtsbeistand zum Tode verurteilt, darf es keine Kooperation mehr geben". Auch CDU-Chef Friedrich Merz zeigte sich auf Twitter "zutiefst schockiert" und forderte den Iran auf, Sharmahd "sofort die Ausreise in sein Heimatland Deutschland zu ermöglichen".
Derweil meldete ein Sprecher der Justiz im Iran am Mittwoch, dass ein Gefangenenaustausch mit Belgien "beschlossen und beendet" sei. Der Entwicklungshelfer Olivier Vandecasteele war im Januar nach Spionagevorwürfen zu 40 Jahren Gefängnis und 74 Peitschenhieben im Iran verurteilt worden. Die Familie des Belgiers beklagte, dass er trotz "schwerer Gesundheitsprobleme" in Isolationshaft sitze. Nach iranischen Angaben sollte er gegen den iranischen Diplomaten Assadollah Assadi ausgetauscht werden, der in Belgien zu 20 Jahren Haft verurteilt worden war, weil er 2018 einen Sprengstoffanschlag bei einer Veranstaltung iranischer Oppositioneller nahe Paris geplant haben soll.
Ein Regierungsvertreter in Brüssel dementierte gegenüber AFP umgehend, dass eine Einigung über einen Austausch erreicht worden sei. Der belgische Justizminister Vincent Van Quickenborne dementierte über Twitter ebenfalls und teilte mit, der Iran wolle in einem "sehr heiklen" Fall "Verwirrung stiften".
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