Angesichts der hohen Zahl der nach Deutschland flüchtenden Menschen hat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Gespräche über Asylverfahren außerhalb Europas gefordert. Geflüchtete sollten nach dem Aufgreifen in Europa in Partnerländer entlang der Fluchtrouten gebracht werden, "damit dort Verfahren und Schutzgewährung nach rechtsstaatlichen Regeln stattfinden", sagte Wüst der "Süddeutschen Zeitung" vom Dienstag. Bei drei SPD-Bundestagsabgeordneten stieß Wüsts' Vorstoß ebenfalls auf Zustimmung.
Ziel sei es, das Sterben im Meer zu beenden, betonte der Ministerpräsident. Irreguläre Migration müsse beendet werden, "damit wir denjenigen Menschen gerecht werden können, die wirklich unsere Hilfe brauchen, weil sie vor Krieg und Vertreibung fliehen". Wüst verwies auf mögliche Vereinbarungen mit Ländern etwa in Nordafrika ähnlich dem EU-Türkei-Abkommen gegen finanzielle Zusagen. "Der Partnerstaat soll sich dazu bereit erklären, jeden, der irregulär die See- und Landgrenzen von seinem Land in Richtung der Europäischen Union überschreitet, wieder zurückzunehmen."
Am 6. November berät Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Länder-Regierungschefinnen und -chefs über den Kurs in der Migrationspolitik. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der "Süddeutschen Zeitung", auch seine Partei befürworte Asylverfahren in Drittländern außerhalb der EU. "Eine solche Regelung würde Klarheit über den Schutzstatus schaffen und verhindern, dass sich Menschen ohne Perspektive auf die gefährliche Route übers Mittelmeer begeben", sagte er. "Das ist auch eine Frage der Menschlichkeit."
Die SPD-Abgeordneten Frank Schwabe, Lars Castellucci und Fabian Funke erarbeiteten nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" in den vergangenen Tagen einen ähnlichen Vorschlag wie den Wüsts, der nun SPD-Bundestagsfraktion beraten werden soll. Viele der aktuell diskutierten Maßnahmen seien nur "untaugliches Flickwerk ohne große Wirkung auf die Zahlen", sagte Schwabe der Zeitung. Es brauche rasch eine Verständigung mit Herkunftsstaaten, mit denen das gehe. "Zum Konzept gehört auch, dass Ertrinkende staatlich gerettet und an Grenzen nicht mehr verprügelt werden."
"Aber das Asylverfahren wird nicht mehr in Europa durchgeführt", sagte Schwabe weiter. Wer an den Außengrenzen ankomme, dessen Asylverfahren werde außerhalb Europas durchgeführt. Castellucci betonte, es gehe nicht um "Lager in Afrika". Die Kooperation mit Drittstaaten sei "eine Einladung", gemeinsam mit den europäischen Staaten, dem UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR und Hilfsorganisationen zu mehr rechtsstaatlichen Asylverfahren und Flüchtlingsschutz auf der Welt zu kommen.
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