Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat ein Gesprächsangebot der USA scharf zurückgewiesen. Die Erklärungen der USA zu ihrer Dialogbereitschaft seien ein "billiger Trick", sagte Kim am Donnerstag laut Staatsmedien. US-Präsident Joe Biden verfolge wie schon seine Vorgänger eine "feindselige Politik" gegenüber Nordkorea. Die Äußerungen erfolgten zwei Tage nach einem mutmaßlichen Hyperschall-Raketenrest Nordkoreas. Der UN-Sicherheitsrat kommt nun zu einer Dringlichkeitssitzug zusammen.
Auch nach Bidens Amtsübernahme habe sich nichts an der "militärischen Bedrohung" Nordkoreas durch die USA sowie deren "feindseliger Politik" gegenüber Pjöngjang geändert, sagte Kim laut der Staatszeitung "Rodong Sinmun" in einer Rede vor den Mitgliedern der Obersten Volksversammlung. Der Nachrichtenagentur KCNA zufolge warf er den USA die "Täuschung" der internationalen Gemeinschaft vor.
Seit Beginn von Bidens Präsidentschaft hat die Regierung in Washington immer wieder ihre Gesprächsbereitschaft gegenüber Pjöngjang hervorgehoben. Um ein Ende des nordkoreanischen Atomprogramms zu erreichen, sei Washington jederzeit bereit, Vertreter Pjöngjangs überall und ohne Vorbedingungen zu treffen, betonten US-Regierungsvertreter. Nordkorea wiederum zeigte keinerlei Bereitschaft, sein Waffenarsenal aufzugeben.
Am Dienstag testete Pjöngjang nach eigenen Angaben eine Hyperschall-Rakate vom Typ Hwasong-8. Staatsmedien feierten den Raketentest als Schritt von "großer strategischer Bedeutung". Hyperschall-Raketen sind extrem schnell und flexibel, was ihre Zerstörung durch Raketenabwehrsysteme stark erschwert.
Angesichts der Lage kommt der UN-Sicherheitsrat an diesem Donnerstag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Diplomatenkreisen erfuhr. Beantragt worden war das Treffen demnach von den USA, Großbritannien und Frankreich. Es soll hinter verschlossenen Türen stattfinden.
Die USA und andere westliche Staaten, darunter Deutschland, hatten den mutmaßlichen Hyperschall-Raketentest vom Dienstag scharf verurteilt. Als Reaktion auf Kims Rede bekräftigte das US-Außenministerium jedoch seine Gesprächsbereitschaft gegenüber Pjöngjang. Die USA hegten keine feindseligen Absichten mit Blick auf Nordkorea, betonte ein Sprecher.
Das international weitgehend isolierte Land steht wegen seines Atom- und Raketenprogramms unter strikten US- und UN-Sanktionen. Politische Entwicklungen aus Nordkorea dringen nur teilweise nach außen. Wie am Donnerstag bekannt wurde, stieg in der nordkoreanischen Hierarchie Kim Jong Uns einflussreiche Schwester Kim Yo Jong weiter auf. Die Top-Beraterin des Machthabers wurde zu einem Mitglied der Kommission für Staatsangelegenheiten berufen - dem höchsten Regierungsorgan Nordkoreas, wie KCNA berichtete.
Die genaue politische Rolle Kim Yo Jongs in der nordkoreanischen Führungsriege ist indes unklar. Mehrfach begleitete sie ihren Bruder bei ranghohen diplomatischen Treffen. In den Staatsmedien wurde sie in der Vergangenheit mit scharfen Attacken auf die USA und Südkorea zitiert.
In den vergangenen Tagen hatte Südkoreas Präsident Moon Jae-in seine Forderung erneuert, den Kriegszustand aufzuheben. Nach dem Korea-Krieg von 1950 bis 1953 war lediglich ein Waffenstillstand geschlossen worden, sodass sich die beiden Staaten offiziell noch immer im Kriegszustand befinden. Die Friedensgespräche waren nach dem gescheiterten Gipfeltreffen Kim Jong Uns mit dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump in Hanoi 2019 weitgehend zum Erliegen gekommen.
Kim erwiderte nun, Südkorea befinde sich "in der Leibeigenschaft der USA". Eine offizielle Erklärung über ein Ende des Kriegs könne es nur bei "wechselseitigem Respekt" geben. Zugleich zeigte der Machthaber sich bereit, die Kommunikationskanäle mit Südkorea ab Anfang Oktober wieder freizuschalten.
In Südkorea sind rund 28.500 US-Soldaten stationiert, um das Land gegen die Bedrohung aus dem Norden zu schützen. Auch Seoul investiert Milliarden in die Waffenentwicklung. Beobachter befürchten ein Rüstungswettrennen auf der koreanischen Halbinsel, das auch Auswirkungen auf die breitere Region in Ostasien haben könnte.
by STR