Mehrere Stunden nach Schließung der Wahllokale in großen Teilen der USA hat sich noch keine klare Tendenz im Präsidentschaftsrennen zwischen Amtsinhaber Donald Trump und Herausforderer Joe Biden abgezeichnet. Siege für Trump und Biden verkündeten die US-Sender am Dienstagabend (Ortszeit) zunächst nur aus solchen Staaten, die nicht als wahlentscheidend galten. Im Schlüsselstaat Florida hatte Trump laut Medienberichten gute Chancen auf den Sieg - womit sein Gesamtsieg aber keinesfalls gesichert wäre.
Den Sieg für Trump verkündeten US-Sender in Alabama, Arkansas, Indiana, Kansas, Kentucky, Louisiana, Mississippi, Missouri, Nebraska, North Dakota, Oklahoma, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Utah, West Virginia und Wyoming.
Biden gewann demnach in Colorado, Connecticut, Delaware, Illinois, Maryland, Massachusetts, New Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, Rhode Island, Vermont, Virginia sowie im Hauptstadtbezirk District of Columbia. Alle diese Resultate entsprachen weitgehend den Erwartungen.
In dem auf der Kippe stehenden Florida verkündete Trumps Wahlkampfteam zwar bereits den Sieg des Präsidenten. Laut US-Medien war das Rennen aber trotz der Vorteile für Trump noch zu knapp, um bereits einen Sieger auszurufen.
Trump hatte vor vier Jahren in Florida überraschend gegen seine Rivalin Hillary Clinton gewonnen, was einer der zentralen Bausteine für seinen Gesamtsieg gewesen war. Allerdings gewann Trump damals auch in anderen Swing States wie Michigan, Ohio, Pennsylvania und Wisconsin, aus denen in der Nacht zum Mittwoch (MEZ) noch Ergebnisse ausstanden.
Für den Sieg muss ein Kandidat mindestens 270 der insgesamt 538 Wahlleute gewinnen, die auf Ebene der Bundesstaaten vergeben werden. Biden lag nach einer auf Angaben der US-Sender basierenden Zählung der Wahlleute-Stimmen um etwa 04.30 Uhr MEZ bei 135 Wahlleute-Stimmen, Trump bei 116.
Wann die US-Sender einen Gesamtsieger ausrufen werden, ist völlig unklar. Wegen der vielen Briefwahlstimmen könnte sich die Auszählung lange hinziehen, es droht ein tage- oder sogar wochenlanger Wahlkrimi.
Parallel zur Präsidentschaftswahl fanden in den USA auch die Kongresswahlen statt. Dabei konnten die oppositionellen Demokraten nach Angaben von US-Sendern ihre seit knapp zwei Jahren bestehende Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen. Die künftige Zusammensetzung des Senats - der zweiten Kongresskammer - stand hingegen noch nicht fest. Dort haben Trumps Republikaner bislang eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze.
Bei der Wahl zeichnete sich eine sehr hohe Beteiligung ab. Eine Rekordzahl von mehr als hundert Millionen Bürgern hatte schon vor dem offiziellen Wahltermin abgestimmt - per Briefwahl oder durch direkten Einwurf der Wahlzettel.
Selten war eine US-Wahl derart erbittert umkämpft: Bis zuletzt schürte Trump Angst vor Unruhen und warnte vor angeblichem Wahlbetrug - vor allem durch die vielen Briefwahlstimmen. Viele seiner Kritiker befürchten, dass er eine mögliche Niederlage nicht anerkennen und nach der Wahl eine harte Auseinandersetzung um deren Ergebnis folgen könnte. Auch gibt es viele Sorgen, dass es zu Gewaltausbrüchen kommen könnte.
Laut dem US Elections Project der Universität von Florida gingen noch vor dem Wahltag mehr als 65 Millionen Briefwahlstimmen bei den Wahlbehörden ein. Die insgesamt im Vorfeld des 3. November abgegebenen 101 Millionen Stimmen entsprechen demnach mehr als 73 Prozent der insgesamt bei der Präsidentschaftswahl 2016 abgegebenen Stimmen. Angetrieben wurde das sogenannte Early Voting durch die Corona-Pandemie und die Angst vor Ansteckungen in den Wahllokalen am eigentlichen Wahltag.
Der Wahlkampf stand stark unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Mit mehr als 230.000 Toten haben die USA die höchste Opferzahl weltweit zu beklagen. Biden kritisierte Trumps Krisenmanagement scharf, Trump rühmte den Umgang seiner Regierung mit der Pandemie.
by Von Jerome CARTILLIER