Die mächtige Waffenlobby gerät in den USA juristisch unter massiven Druck: Der Bundesstaat New York hat den Lobbyverband National Rifle Association (NRA) wegen mutmaßlicher Finanzvergehen verklagt und eine Auflösung der Organisation verlangt. Generalstaatsanwältin Letitia James erklärte am Donnerstag, NRA-Chef Wayne LaPierre und drei weitere Führungsvertreter hätten in großem Umfang Verbandsgelder veruntreut. US-Präsident Donald Trump kritisierte das New Yorker Vorgehen scharf und warb für sich als Verteidiger des Rechts auf Waffenbesitz.
James sagte, LaPierre und die anderen Beschuldigten hätten die Organisation als "persönliches Sparschwein" betrachtet und richtiggehend "geplündert". Allein in drei Jahren habe die NRA so mehr als 64 Millionen Dollar verloren.
Die Beschuldigten hätten für die NRA bestimmtes Geld unter anderem für Reisen für sich und ihre Familien auf die Bahamas, Flüge mit Privatjets und teures Essen ausgegeben. LaPierre, der die NRA seit fast drei Jahrzehnten anführt, habe sich von NRA-Zulieferern teure Reisen schenken lassen, lukrative Beraterverträge an Ex-Mitarbeiter vergeben und sich ohne Zustimmung des Aufsichtsgremiums der Organisation ein Rentenpaket im Umfang von 17 Millionen Dollar gesichert.
Die Vorwürfe richten sich auch gegen den früheren NRA-Schatzmeister Wilson Phillips, LaPierres früheren Stabschef Joshua Powell und den NRA-Chefjuristen John Frazer.
"Der Einfluss der NRA ist so mächtig, dass sich die Organisation über Jahrzehnte jeder Kontrolle entzog, während Führungsvertreter Millionen in ihre eigenen Taschen umgeleitet haben", erklärte Generalstaatsanwältin James. Die NRA sei "behaftet von Betrug und Missbrauch" und müsse deswegen zerschlagen werden. "Wir ersuchen eine Auflösung der NRA, weil keine Organisation über dem Gesetz steht."
Der Lobbyverband wies die Vorwürfe umgehend zurück und sprach von einem politischen Manöver vor den Präsidentschafts- und Kongresswahlen am 3. November. "Das ist ein offensichtlicher Versuch, politisch zu punkten und die führende Stimme der Opposition gegen die Links-Agenda anzugreifen", erklärte Verbandspräsidentin Carolyn Meadows. Die NRA-Mitglieder würden sich aber nicht "einschüchtern" lassen. New Yorks Generalstaatsanwältin James ist Demokratin, die NRA ist äußerst konservativ und steht traditionell den Republikanern nahe.
Präsident Trump bezeichnete die Klage gegen die NRA als "furchtbare Sache". Er regte an, der in New York registrierte Lobbyverband solle nach Texas umziehen und dort ein "sehr gutes und schönes Leben" führen.
Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb Trump später, so wie das "radikal linke New York" die NRA "zerstören" wolle, wolle sein Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl, der Demokrat Joe Biden, das Recht auf Waffenbesitz abschaffen. "Eure Waffen werden euch weggenommen, sofort und ohne Vorwarnung. Keine Polizei, keine Waffen!"
Trump wirft den Demokraten immer wieder vor, das im zweiten Verfassungszusatz verankerte Recht auf Waffenbesitz abschaffen zu wollen. Die Demokraten sprechen sich allerdings lediglich für eine Verschärfung des Waffenrechts aus. Das Thema Schusswaffen dürfte im Wahlkampf vor dem 3. November eine wichtige Rolle spielen.
Die NRA ist eine der einflussreichsten Lobbyorganisationen der USA und hat nach eigenen Angaben rund fünf Millionen Mitglieder. Sie stemmt sich seit Jahrzehnten mit teilweise höchst umstrittenen Methoden gegen eine Verschärfung des US-Waffenrechts.
Der Einfluss der NRA ist enorm: Die Organisation kann erheblichen Druck auf Politiker ausüben und ist ein wichtiger Parteispender. Versuche, das Waffenrecht zu verschärfen, sind in der Vergangenheit immer wieder auch am Widerstand der NRA gescheitert.
by Loren ELLIOTT