In Frankreich zeichnet sich erstmals seit dem Frühjahr ein landesweiter Lockdown ab: Präsident Emmanuel Macron wollte die neuen Maßnahmen am Donnerstagabend ab 20 Uhr im Fernsehen verkünden, wie sein Büro mitteilte. Aus dem Umfeld des Präsidenten war von "unpopulären" Entscheidungen die Rede. Viele Virologen und Ärzte halten deutlich verschärfte Ausgangssperren für unausweichlich. Zuletzt waren 46 Millionen Franzosen von nächtlichen Ausgangsbeschränkungen betroffen.
Wie mehrere Medien unter Berufung auf Regierungsvertreter berichten, dürfte der neue Lockdown mehr Ausnahmen vorsehen als zwischen März und Mai, als das Land weitgehend zum Stillstand kam. So könnten etwa Schulen bis zur Mittelstufe geöffnet bleiben und auch öffentliche Dienstleistungen weiter gewährleistet sein. Über die Details beriet Macron am Mittwoch den zweiten Tag in Folge mit dem Kabinett.
Sorge bereitet insbesondere der massive Druck auf die französischen Krankenhäuser. Ohne verschärfte Maßnahmen dürften sie in zwei Wochen landesweit an ihre Belastungsgrenze stoßen, wie Teilnehmer nach einem Krisentreffen von Premierminister Jean Castex mit den Sozialpartnern berichteten. Der Chef des französischen Krankenhausverbands, Frédéric Valletoux, warnte vor "verheerenden" Folgen für die Kliniken, wenn die zweite Corona-Welle nicht gestoppt werde.
Die Zahl der Corona-Todesfälle schnellte zuletzt um mehr als 500 nach oben, weil die Behörden erstmals seit vier Tagen wieder Zahlen aus Altenheimen bekannt gaben. Damit gab es insgesamt 35.541 Todesfälle in Frankreich.
Die Zahl der registrierten Neuinfektionen pendelt seit mehreren Tagen zwischen 30.000 und mehr als 50.000. Der wissenschaftliche Corona-Beirat der Regierung geht davon aus, dass es tatsächlich 100.000 Neuinfektionen täglich gibt, von denen aber viele unerkannt bleiben.
by Ludovic MARIN