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Neue US-Luftangriffe gegen pro-iranische Milizen in Nahost

Aktivisten: Sieben Kämpfer in irakisch-syrischem Grenzgebiet getötet

Zum zweiten Mal seit dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden haben die Vereinigten Staaten massive Luftangriffe gegen pro-iranische Kämpfer in Nahost geflogen. Attackiert wurden nach Angaben des Pentagon in der Nacht zum Montag zwei Ziele in Syrien und eines im Irak. Dabei wurden laut Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens sieben Milizen-Kämpfer getötet und sechs weitere verletzt.

Mit den Luftangriffen reagierten die US-Streitkräfte auf dutzende Attacken auf US-Ziele im Irak im Verlauf der vergangenen Monate. Das US-Verteidigungsministerium bezeichnete die Angriffe als "Vergeltung". Die "präzisen Defensiv-Angriffe" seien auf Anordnung Bidens erfolgt, erklärte Ministeriumssprecher John Kirby.

Bei den Angriffszielen im irakisch-syrischen Grenzgebiet handelte es sich laut Kirby um von pro-iranischen Milizen sowie den schiitischen Hisbollah-Brigaden genutzte Waffenlager und operative Zentren. Die Einrichtungen seien für Drohnenangriffe auf US-Personal und -Einrichtungen genutzt worden. Biden habe die Militäraktion angeordnet, um weitere Angriffe auf US-Ziele zu unterbinden. Der Präsident habe damit erneut deutlich gemacht, "dass er handeln wird, um US-Personal zu schützen".

In diesem Jahr wurden bereits mehr als 40 Angriffe auf die US-Truppen im Irak geführt. Dabei handelte es sich überwiegend um Sprengstoffanschläge auf Konvois. Daneben wurden die US-Truppen mindestens 14 Mal mit Raketen beschossen. Pro-iranische Gruppen lehnen die US-geführte Militärkoalition vehement ab, die den Irak seit 2014 im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) unterstützt. Die USA sind mit rund 2500 Soldaten im Irak vertreten.

Die US-Luftangriffe waren die zweiten dieser Art seit Bidens Amtsantritt im Januar. Bei Angriffen durch US-Streitkräfte im Osten Syriens im Februar waren nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte - eines Netzwerks von Aktivisten - mehr als 20 Kämpfer getötet worden.

Iraks Regierungschef Mustafa al-Kadhemi verurteilte die neuen US-Luftangriffe scharf: Diese stellten eine "eklatante und inakzeptable Verletzung der irakischen Souveränität und der irakischen nationalen Sicherheit" dar. Der Irak lehne es ab, dass sein Staatsgebiet benutzt werde, "um Rechnungen zu begleichen". Al-Kadhemi gilt eigentlich als USA-freundlich, er pflegt ein enges Verhältnis zu Washington.

Laut Beobachtungsstelle wurde bei den Luftangriffen unter anderem ein Waffenlager nahe der syrischen Grenzstadt Albu Kamal zerstört. Die Stelle mit Sitz in Großbritannien bezieht ihre Informationen von einem Netz von Informanten vor Ort. Ihre Angaben lassen sich von unabhängiger Seite oft kaum überprüfen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, bei den US-Angriffen sei auch ein Kind getötet worden.

Die pro-iranischen Hasched al-Schaabi-Milizen erklärten, dass vier ihrer Kämpfer bei US-Angriffen in der westirakischen Region Al-Kaim getötet worden seien. Sie bestritten jedoch, an "Aktivitäten gegen die ausländische Präsenz im Irak" beteiligt gewesen zu sein. Auch dementierten die Milizen, dass unter den Angriffszielen ein Waffenlager gewesen sei.

Der Zeitpunkt der jüngsten US-Luftschläge ist aus diplomatischer Sicht äußerst heikel. In Wien laufen derzeit Gespräche über eine Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens von 2015 mit dem Iran, an denen die USA indirekt beteiligt sind. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte das Abkommen 2018 einseitig aufgekündigt. Biden hat eine Rückkehr der USA in die Vereinbarung in Aussicht gestellt.

Noch am Montag wollte Biden im Weißen Haus den scheidenden israelischen Präsidenten Reuven Rivlin empfangen. Israel steht dem Atomabkommen mit dem Iran sehr kritisch gegenüber.

by Von Laure AL KHOURY