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Neue BSI-Chefin warnt vor russischen Cyberattacken

Die neue Chefin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Claudia Plattner, warnt vor einer wachsenden Gefahr durch russische Cyberattacken. "Die Zahl der Angriffe aus Russland steigt", sagte Plattner der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstagausgabe). Insgesamt sei die Bedrohungslage im Netz "so groß wie nie". Deutschland als europäische Macht und Unterstützer der Ukraine sei ein "attraktives Ziel" für von Moskau gelenkte Hackergruppen.

"Ziele sind: Spionage, Destabilisierung und Beeinflussung", sagte Plattner, die zum 1. Juli ihr Amt angetreten hatte. Auch aus China und Iran sei ein Anstieg der Angriffszahlen zu beobachten.

In den deutschen Sicherheitsbehörden wachse die Sorge, dass sich prorussische Aktivisten, Cyberkriminelle und Hackergruppen der russischen Geheimdienste verbünden, um westliche Systeme anzugreifen, hieß es in dem Bericht. Zuletzt wurden immer wieder Websites von Behörden und anderen wichtigen Einrichtungen lahmgelegt. Dass vergangenes Frühjahr durch einen mutmaßlich russischen Hackerangriff 5800 Windräder in Deutschland als Kollateralschaden eines mutmaßlich russischen Angriffs auf ein Satellitennetzwerk ausfielen, betrachten viele Fachleute als Warnschuss. 

Auch BSI-Chefin Plattner forderte, dass besonders die kritische Infrastruktur in Deutschland besser geschützt wird. Nötig seien Möglichkeiten, um Angriffe "stoppen und abwehren" zu können, sagte sie der Zeitung. "Nur die Hände hochhalten reicht nicht."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will dem Bundeskriminalamt mehr Kompetenzen geben: Das BKA soll im Fall eines Hackerangriffs "aktiv" abwehren dürfen – also womöglich auch in Server im Ausland eindringen und diese handlungsunfähig machen. Bisher ist das nicht möglich. Details zu den Plänen sind bisher aber nicht bekannt. Die Ampelparteien hatten zuletzt in der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie noch bekräftigt, dass sie sogenannte Hackbacks, also das "Zurückhacken", prinzipiell ablehnen.

Fachleute warnen vor den Risiken von Eingriffen in fremde Systeme, etwa weil sie die Konsequenzen für ungewiss halten. BSI-Chefin Plattner verteidigte die Pläne: "Das heißt ja nicht immer gleich, einen Server in einem anderen Land auszuschalten", sagte sie der "SZ". Abwehr könne auch bedeuten, eine Webseite nicht mehr erreichbar zu machen.

Grüne und FDP sehen die Pläne skeptisch. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz sagte der "SZ", der sicherheitspolitische Mehrwert müsse kritisch geprüft werden. "Klar ist, dass wir nur Befugnisse einführen werden, die verhältnismäßig und verfassungskonform sind." 

Reinhard Brandl, digitalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hält weiter gehende Abwehrmöglichkeiten für dringend geboten und kritisierte die Uneinigkeit der Koalition. Auf "hypothetischer Basis" würden schon einmal Zuständigkeiten verteilt. Hier werde ein "Potemkinsches Dorf" aufgebaut, "das uns im Ernstfall nicht verteidigen wird".

mt/ilo