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Neue Autobahnbrücke zwei Jahre nach Brückeneinsturz in Genua eingeweiht

Viele Hinterbliebene bleiben Zeremonie aus Protest fern

Knapp zwei Jahre nach dem verheerenden Brückeneinsturz im italienischen Genua ist am Montag ein neues Autobahn-Viadukt eingeweiht worden. An der Zeremonie nahmen Genuas Bürgermeister Marco Bucci, der Präsident der Region Ligurien, Giovanni Toti, und Präsident Sergio Mattarella teil. Mattarella hatte zuvor Hinterbliebene der 43 Menschen empfangen, die bei dem Einsturz 2018 ums Leben gekommen waren. Viele Angehörige hatten angekündigt, der Zeremonie aus Protest fernzubleiben.

Nachdem der Einsturz der alten Brücke am 14. August 2018 Diskussionen über Italiens marode Infrastruktur ausgelöst hatte, schafften die Ingenieure es, die neue Brücke in einem Rekordtempo zu errichten. Der letzte und etwa ein Kilometer lange Abschnitt des Autobahn-Viadukts war bereits Ende April verlegt worden. Bis zuletzt fanden aber noch Abschlussarbeiten und Sicherheitstests an der Brücke statt. Vor einigen Tagen fuhren dafür 56 Lastkraftwagen mit einem Gewicht von jeweils 44 Tonnen (insgesamt rund 2500 Tonnen) über die Brücke, um das Bauwerk zu testen.

Künftig sollen Wartungsroboter das High-Tech-Bauwerk auf Erosionen untersuchen, ein spezielles Entfeuchtungssystem soll Korrosion verhindern.

Star-Architekt Renzo Piano passte das Design der San-Giorgio-Brücke der maritimen Geschichte Genuas an. Die Brücke verfügt deshalb über einen geschwungenen und glänzenden Unterbau, der an den Rumpf eines Schiffes erinnert. Mattarella wollte die neue San-Giorgio-Brücke als erster mit dem Auto überqueren.

Während der Einweihung sollten auch die Namen der Menschen laut vorgelesen werden, die bei dem Einsturz ums Leben kamen. Dabei hatten viele Angehörige angekündigt, nicht an den Feierlichkeiten teilzunehmen. "Wir werden nicht dabei sein, wir wollen nicht, dass aus der Tragödie ein Karneval gemacht wird", sagte Egle Possetti vor der Zeremonie. Bei dem Einsturz der Brücke kam seine Schwester zusammen mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern ums Leben. "Man kann diese Art von großer Party feiern, wenn man die Brücke abreißt, weil sie alt ist und man eine neue baut und dabei niemand stirbt", sagte er.

Die viel befahrene, fast 1200 Meter lange Morandi-Autobahnbrücke war am 14. August 2018 während eines Unwetters auf einer Länge von 200 Metern eingestürzt. Die Bilder des Einsturzes gingen um die Welt. Experten erklärten, der Einsturz sei wegen der vielen baulichen Mängel an der in den 60er Jahren errichteten Spannbetonbrücke vorhersehbar gewesen. Die italienische Justiz ermittelt gegen eine Reihe von Beschuldigten, darunter den Betreiber Autostrade per l'Italia (Aspi) sowie Vertreter aus dem Verkehrsministerium.

by Miguel MEDINA