Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon im Falle weiterer Angriffe mit einer "entschiedenen" Reaktion gedroht. "Ich rate der Hisbollah, nicht die Stärke Israels zu testen", schrieb Netanjahu am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Wir werden entschieden auf jeden Angriff gegen uns reagieren", sagte er. Die Hisbollah bringe durch ihre "Aggression" wieder einmal den Libanon in Gefahr.
Die israelische Armee hatte nach eigenen Angaben am frühen Mittwochmorgen Beobachtungsposten der Hisbollah nahe der sogenannten Blauen Linie bombardiert, der De-facto-Grenze zwischen Israel und dem Libanon. Zuvor seien in der Nacht israelische Soldaten in der Nähe des Kibbuz Manara vom Libanon aus beschossen worden.
Die israelische Armee habe bei ihrer Reaktion Kampfflugzeuge und Hubschrauber eingesetzt, hieß es weiter. Auf israelischer Seite habe es keine Verletzten gegeben. Ein Dorfbewohner auf libanesischer Seite berichtete, die israelische Armee habe bereits "von 23.00 Uhr bis ungefähr 01.30 Uhr morgens" geschossen. Der Oberste Verteidigungsrat des Libanon reichte nach Angaben der libanesischen Nachrichtenagentur NNA wegen des israelischen Beschusses eine Beschwerde beim UN-Sicherheitsrat ein.
Der Zwischenfall ereignete sich wenige Stunden, nachdem der Libanon einen israelischen Vorstoß zur Reform der UN-Friedensmission Unifil an der Grenze abgelehnt hatte. Der Sicherheitsrat stimmt bald über eine Erneuerung des Mandats der Blauhelmtruppe ab, das Ende August ausläuft.
Israel wirft der Friedenstruppe vor, nicht entschieden genug gegen die Hisbollah vorzugehen, die Waffen nahe der Grenze lagere, und fordert für die Blauhelmsoldaten das Recht, Privathäuser zu durchsuchen. Der Libanon will das Mandat der Mission unverändert lassen.
In dem Gebiet patrouillieren rund 10.500 Blauhelme. Die Mission war 1978 gegründet und nach einem einmonatigen Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 aufgestockt worden. Im Juli 2006 hatte die Hisbollah zwei israelische Soldaten gefangen genommen und damit einen 34-tägigen Krieg mit Israel entfacht. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen im Libanon sowie 160 Israelis getötet.
Die in den 80er Jahren von den iranischen Revolutionsgarden aufgebaute Hisbollah gilt heute als die stärkste politische und militärische Kraft im Libanon, wo sie zuletzt mit mehreren Ministern an der Regierung beteiligt war. Großen Rückhalt erlangte sie in der verarmten schiitischen Bevölkerung in Beirut und im Südlibanon durch ihr Netz aus sozialen Einrichtungen.
Israel und der Libanon befinden sich formal noch immer im Kriegszustand. In den vergangenen Wochen nahmen die Spannungen an der Grenze wieder zu. Nach Angaben der israelischen Armee war es im Juli zu Schusswechseln gekommen, nachdem mehrere mit Gewehren bewaffnete Männer aus dem Libanon die sogenannte Blaue Linie überquert hatten.
Nach israelischen Angaben soll es sich um Hisbollah-Kämpfer gehandelt haben. Die Miliz bestritt dies jedoch. Am Wochenende hatte die Hisbollah mitgeteilt, sie habe eine israelische Drohne über dem Grenzgebiet abgeschossen.
by Von Jalaa Marey