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Nach Hygge kommt Niksen: Macht Nichtstun glücklich?

Lifestyle-Trend

Einfach mal nichts tun, die Seele baumeln lassen und den Gedanken Raum geben. Die Niederländer schwören darauf und haben für den gemütlichen Lifestyle-Trend gar einen eigenen Namen: Niksen. So einfach, wie es klingt, ist es aber nicht, weiß Annette Lavrijsen (geb. 1981), Autorin des Buches “Niksen. Wie man Glück im Nichtstun findet”. Die gebürtige Niederländerin erklärt im Interview mit spot on news, worauf es bei Niksen ankommt und wie der Stress des Alltags Tag für Tag ein wenig mehr der Leichtigkeit des Nichtstuns weicht.

Annette Lavrijsen: Während der Pandemie haben wir weniger gesellschaftliche Veranstaltungen und für die meisten von uns ist das Arbeiten von zu Hause zum Standard geworden. Dadurch verschwimmt die Grenze zwischen Arbeit und persönlicher Zeit. Studien zeigen, dass die Menschen tatsächlich härter und länger arbeiten. Es liegt also an uns selbst, unsere Auszeiten zu schützen und uns täglich eine Pause zu verschaffen.

Lavrijsen: Das wahre Potenzial von Niksen liegt in den kleinen Pausen des Alltags. Der Trick ist: wenig und oft. Es ist wichtig, Niksen als Teil der täglichen Routine zu einer Priorität zu machen, sei es bei der Arbeit oder in den eigenen vier Wänden. Für Personen, die immer eine Ausrede finden oder etwas “Nützlicheres” zu tun haben, kann es helfen, feste Zeiten in den Tages- und Wochenplan einzubauen. Man beginnt mit einer Auszeit von fünf Minuten und baut diese nach und nach auf 30 Minuten, eine Stunde oder sogar einen ganzen Nachmittag aus. Man sollte aber nicht zu sehr auf die genaue Dauer fixiert sein. Das Wichtigste ist, jeden Tag mindestens eine Auszeit einzuplanen.

Lavrijsen: Am besten sucht man sich einen ruhigen, friedlichen Ort, an dem man sich entspannt und wohlfühlt. Etwa eine Bank in der Ecke des Gartens oder einen bequemen Stuhl am Fenster, auf den das Sonnenlicht fällt. Man legt etwas Musik auf und schafft eine gemütliche Atmosphäre. Wer viel um die Ohren hat und es schwierig findet, sich zu Hause zu entspannen, kann auch in einen nahegelegenen Park oder Wald gehen. Ein Spaziergang und das Beobachten der Natur können helfen, um den Geist von der To-Do-Liste abzulenken.

Lavrijsen: Es mag sich kontra-intuitiv anfühlen, aber Nichtstun kann tatsächlich produktiver machen. Denn wenn man sich geistig erschöpft oder ausgelaugt fühlt, kann man nicht produktiv sein. Indem man rechtzeitig eine Pause einlegt, um nichts zu tun, stellt man sowohl Körper als auch Geist wieder her, lädt sie auf und verbessert den Fokus. Nach dieser Auszeit können Aufgaben viel effizienter erledigt werden.

Lavrijsen: Man sollte sich durch nichts von der Auszeit ablenken lassen. Bildschirme (Telefon, Computer, Fernseher) gehören also in einen anderen Raum, Multitasking sollte vermieden werden. Seien Sie voll und ganz im Moment präsent. Wem das schwerfällt, kann mit einer kurzen Meditation oder Entspannungsübung beginnen oder einen Spaziergang in entspanntem Tempo machen. Auf keinen Fall darf man sich schuldig fühlen, weil man untätig war. Sie haben sich diese Auszeit verdient und haben noch den Rest des Tages, um produktiv zu sein.

Und wer Niksen zu einem festen Bestandteil seines Lebens machen möchte: Sagen Sie nicht Ja zu Meetings, die nicht sinnvoll sind. Oder zu gesellschaftlichen Veranstaltungen, wenn Sie müde sind und lieber zu Hause bleiben wollen. Füllen Sie Ihre Woche nicht bis zum Rand mit Arbeitsverpflichtungen, fühlen Sie sich nicht unter Druck gesetzt, E-Mails innerhalb einer Stunde zu beantworten, und erlauben Sie Kunden nicht, Sie außerhalb der Bürozeiten anzurufen oder eine SMS zu schreiben und eine sofortige Antwort zu erwarten. Niemand wird es Ihnen verübeln, wenn Sie sich um sich selbst kümmern.

Lavrijsen: Fühlt man sich in der Gesellschaft des anderen wohl, kann Niksen durchaus gemeinsam mit einem Partner durchgeführt werden. Es kann zum Beispiel zur täglichen Routine werden, die Zähne zur gleichen Zeit zu putzen. Hier finden Partner einen ruhigen Moment, um in Harmonie zusammen zu sein. Ich würde jedoch raten, sich auch Zeit zu nehmen, in der man mit seinen Gedanken allein sein kann und genau das zu tun, was man tun möchte. Falls Sie Kinder haben, können Sie und Ihr Partner sich gegenseitig helfen, sich Zeit zum Niksen zu nehmen. Schaffen Sie einfache Routinen und teilen Sie Aufgaben auf, damit Sie beide Zeit und Kopf frei haben.

Lavrijsen: Wem es schwerfällt, nichts zu tun, sollte eine Solo-Aktivität finden, die von den Alltagssorgen ablenkt, aber keine Anstrengung erfordert. Wiederholen Sie zum Beispiel 15 Minuten lang eine einfache Yoga-Sequenz, kochen Sie ein einfaches Rezept, das Sie auswendig kennen, machen Sie einen Spaziergang ohne Karte und ohne Telefon, versuchen Sie zu stricken oder schreiben oder zeichnen Sie in Ihr Tagebuch. Jede sanfte Freizeitbeschäftigung, die hilft, sich eine Auszeit vom Alltagsstress zu gönnen, entspannt und bereitet auf den nächsten Schritt vor: das absolute Nichtstun.

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