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Mutter wegen Mordes an behindertem Sohn zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt

Wegen der Ermordung ihres schwerbehinderten Sohnes nach jahrelanger Überlastung ist eine Mutter vom Landgericht im niedersächsischen Hildesheim zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die zuständige Kammer ging nach Angaben eines Gerichtssprechers am Mittwoch zwar von einem Mord aus, sah aber auch eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit der Mutter, die zum Tatzeitpunkt unter einer Depression gelitten und nach der Tötung ihres 17-jährigen Sohns 2021 einen Suizidversuch unternommen hatte.

Wesentliches Kriterium für die Verhängung der für einen Mord vergleichsweise niedrigen Strafe war demnach außerdem der Umstand, dass die 53-Jährige über Jahre hinweg durch die Situation der Familie stark belastet war und im Alltag keine ausreichende Unterstützung erhielt. Darüber hinaus war sie geständig.

Die Beschuldigte aus Sarstedt hatte ihrem Sohn nach Feststellungen des Gerichts im März über das Essen eine giftige Medikamentendosis verabreicht. Danach vergiftete sie sich zudem selbst, um Suizid zu begehen. Der Sohn starb demnach aufgrund der Vergiftung. Die Angeklagte konnte hingegen wiederbelebt werden.

Bereits die Staatsanwaltschaft war in ihrer Anklage davon ausgegangen, dass die mit der Pflege ihres unter anderem unter Psychosen leidenden und permanent auf Betreuung angewiesenen Kinds überfordert und psychisch extrem stark belastet war. Auch sie ging von verminderter Schuldfähigkeit aus. Laut Gerichtssprecher bestätigte ein psychiatrischer Sachverständiger im Prozess diese Einschätzung.

Der Fall war insgesamt juristisch komplex. Als Mord wurde die Tat angeklagt, weil die Vergiftung über das Essen von der Staatsanwaltschaft als eine heimtückische Begehungsweise gewertet wurde. Heimtücke ist eines der Merkmale, die laut deutschen Strafrecht aus einem Tötungsverbrechen einen Mord werden lassen.

In der Folge musste während des Prozesses unter anderem auch geklärt werden, ob der Sohn aufgrund seines gesundheitlichen Zustands generell überhaupt in der Lage gewesen wäre, Argwohn zu empfinden und mit einem Angriff auf sein leben zu rechen. Wenn nicht, hätte er auch nicht heimtückisch ermordet werden können.

Das Gericht folgte in dem Urteil letztlich aber unter anderem der Einschätzung eines zu der Verhandlung hinzugezogenen Sachverständigen. Dieser ging davon aus, dass der getötete Sohn grundsätzlich dazu in der Lage war, Argwohn zu empfinden.

Mord wird laut Gesetz mit lebenslanger Haft bestraft. Im Fall von verminderter Schuldfähigkeit gilt allerdings ein Strafrahmen zwischen drei und 15 Jahren. Das Strafmaß lag damit nahe an der Mindeststrafe, die das Gericht verhängen musste. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Rechtsmittel dagegen sind möglich.

bro/cfm