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Müssen Genesene doch 2x geimpft werden? Neue Debatte um Impfung für Genesene!

Im Augenblick untersuchen Wissenschaftler, ob von einer Covid-19-Erkrankung genesene Personen eine oder zwei Impfungen gegen das Coronavirus benötigen. Nachdem viele Studien zum Ergebnis nur einer notwendigen Impfung gekommen sind, kommt nun eine neue Studie aus England zu einem ganz anderen Schluss.

Wie viele Impfungen brauchen genesene Covid-19-Patienten?

Offenbar kommt die neuste Studie zwar zu dem Schluss, dass eine Infektion mit dem ursprünglichen Wildtyp von Sars-CoV2 und eine weitere Impfung zwar einen guten Schutz bieten, der jedoch im Hinblick auf die Varianten Beta und Gamma nicht ausreichend sei.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Laborstudie der Universität Nottingham, die insgesamt 45 Angestellte aus zwei Kliniken in Birmingham begleitete. 20 der Probanden waren bereits vor der Impfung an Covid-19 erkrankt, die anderen 25 Probanden hingegen nicht. Alle Teilnehmer der Studie erhielten zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs. Bei den zuvor an Covid-19 erkrankten Teilnehmern war die zweite Dosis der Impfungen damit bereits der dritte Kontakt mit dem Virusantigen. Also praktisch ein weiterer Booster. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es bereits nach einer Impfung bei den Genesenen zu einer guten Antikörperantwort gegen den Wildtyp des Coronavirus kommt. Diese Wirkung verstärke sich nach der zweiten Dosis dann aber nicht mehr wesentlich. Die Probanden ohne Infektionen benötigten hingegen beide Impfungen für einen ausreichenden Schutz gegen Covid-19.

Ergebnis bei Mutation unterschiedlich

Bei den Varianten Beta und Gamma sah das Ergebnis dann jedoch anders aus. Dort stellten die Wissenschaftler dann fest, das die

Immunantwort nach der ersten Impfdosis auch bei Genesenen zu schwach ausgefallen sei. Denn auch genesene Personen erreichten in diesem Fall nur eine geringe Anzahl neutralisierender Antikörper im Blut. Die Forscher vermuten, dass die erhoffte Booster-Wirkung in diesen Fällen ausgeblieben ist, weil die Antikörper die Varianten Beta und Gamma nicht erkannten. Nach einer zweiten Impfung war die

Antikörperreaktion dann deutlich besser ausgefallen. Dann erreichte der Immunschutz das gleiche Niveau gegen die Varianten, wie gegen den ursprünglichen SARS-CoV2-Stamm. Kritik gab es an der Studie allerdings von Prof. Dr. Andreas Radbruch, dem Präsident des Europäischen Immunologenverbandes EFIS. Dieser kritisiert die Studie und riet den Schlußfolgerungen der britischen Forscher nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. “Neben der Tatsache, dass nur relativ wenige Probanden untersucht wurden, lässt sich zum einen mit Blick auf die stark schwankenden Antikörper-Konzentrationen im Blut der Genesenen kein signifikanter Unterschied feststellen zwischen denen, die einfach und denen, die doppelt geimpft wurden. Zum Zweiten wurde die Neutralisierung von Viren nur bei einer Serumverdünnung von 1:200 gemessen, doch dies ist lediglich ein protektiver Wert, der allerdings aus der Luft gegriffen ist. Ob tatsächlich ein Zusammenhang mit der Realität besteht ist unklar, da wir nicht wissen, wie viele Antikörper wirklich vor wie vielen Viren schützen und im richtigen Leben ist unser Blutserum auch nicht verdünnt“, erklärt der Mediziner seine Bedenken hinsichtlich der Studie.

Mediziner spricht weitere Kritikpunkte der Studie an

Zudem kritiserte Radbruch auch die Auswahl der Probanden und der Zeitpunkt der Studie. “In der Studie wurde alles nur kurz nach den Immunisierungen gemessen, also in der akuten Immunreaktion, aber nicht in der „Gedächtnisphase“, etwa nach einem halben Jahr und später, also dann, wenn es auf den Schutz ankommt. Und schließlich wurden quasi „Äpfel mit Birnen“ verglichen: Nämlich zweimal geimpfte „naive“ Probanden mit zweimal geimpften Genesenen. Also Personen, die das Virus/Vakzin zweimal erhalten hatten, mit solchen, die dreimal in Kontakt gekommen waren.“ Als größte Schwäche der Studie sieht Radbruch jedoch die Tatsache, dass sich die Studie lediglich auf die sogenannte IgG-Antikörper bezieht. “Es ist glasklar, dass die schützende Immunität auch von sogenannten IgA-Antikörpern in den Schleimhäuten abhängt und natürlich von den T-Lymphozyten. Von denen gibt es welche, die für die Koordination der Immunantwort und den Langzeitschutz zuständig sind, und welche, die Virus-befallene Zellen eliminieren und so die Vermehrung des Virus stoppen. Diese T-Lymphozyten reagieren weitgehend unbeeinflusst von den Variationen der Varianten und sind ein wichtiger Grund, warum Geimpfte und Genesene mit den Varianten eigentlich ganz gut fertig werden“, erklärt Radbruch, wieso ihn die Studie nicht überzeugt. Anhand der Ergebnisse kommt Radbruch dann zu folgendem Fazit: Um die Immunität richtig einschätzen zu können, seien dringend noch weitere epidemiologische Daten notwendig. Erst dann wisse man sicher, wie lange Genesene und Geimpfte vor Infektionen mit Varianten geschützt sind. Bisher seien die Daten noch nicht ausreichend, um Genesenen zu einer zweiten Impfung zu raten.

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