Die Zahl der großen Pleiten in Deutschland ist nach Angaben des Kreditversicherers Allianz Trade zuletzt deutlich gestiegen - vor allem wegen der Insolvenz von Modeunternehmen und Kliniken. In den ersten neun Monaten des Jahres gab es insgesamt 45 Fälle, wie Allianz Trade am Montag mitteilte. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum 2022 waren es 26 große Insolvenzen, 2021 lediglich 17.
"Die großen Insolvenzen sind in diesem Jahr zurückgekehrt und nehmen Kurs auf den Höchststand aus 2020", erklärte Maxime Lemerle, Leiter Insolvenzforschung bei Allianz Trade. Das Coronajahr 2020 markierte demnach den höchsten Stand der Insolvenzen seit 2016 mit damals 58 Großinsolvenzen im Gesamtjahr und 44 Fällen in den ersten neuen Monaten. Als Großinsolvenzen gelten in der Auswertung des Kreditversicherers die Pleiten von Unternehmen mit einem Umsatz oberhalb von 50 Millionen Euro pro Jahr.
Besonders viele große Pleiten gab es laut Lemerle im Verlauf diesen Jahres bei Modeunternehmen, bei Krankenhäusern und im Maschinenbau. Laut Allianz Trade schlitterten bis September zwölf große Textilunternehmen und Modeeinzelhändler in die Insolvenz sowie acht Dienstleistungsunternehmen, darunter sechs Kliniken.
Bei den bundesweiten Insolvenzen aller Unternehmensgrößen ist der Trend laut Allianz Trade sehr unterschiedlich. Die stärkste Zunahme der Pleiten gab es im Handel, im Gastgewerbe und in der Baubranche.
Zugleich ist nach Einschätzung des Kreditversicherers mit Blick auf das für viele Branchen extrem wichtige Weihnachtsgeschäft eine Kaufzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu erwarten. "Die Lebensmittelpreise sind trotz der geringeren Inflationsrate weiterhin hoch", erklärte der Allianz-Trade-Chef für Deutschland, Österreich und die Schweiz, Milo Bogaerts.
"Verbraucher sparen deshalb bei allen anderen Ausgaben", fügte Bogaerts hinzu. "Sie gehen weniger aus, kaufen weniger Kleidung - und Weihnachtsgeschenke." In dieser Wetterlage wehe deshalb für viele Mode- und Elektronik-Einzelhändler, einige Spielwarenhersteller und -händler sowie auch teilweise Gastronomen "aktuell ein kalter Herbstwind".
Viele deutsche Unternehmen seien auch in diesen schwierigen Zeiten gut aufgestellt und hätten die notwendigen Puffer - "aber eben längst nicht alle", erklärte Bogaerts. "Wenn Wackelkandidaten dann beispielsweise noch Kredite zurückzahlen oder refinanzieren müssen, beispielsweise aus der Corona-Zeit, kann es schnell kippen."
jm/ilo