Bei neuen russischen Angriffswellen in der Ukraine sind mindestens ein Mensch getötet und mehr als 30 weitere verletzt worden. In der östlichen Region Dnipropetrowsk wurden nach Behördenangaben am Montag 34 Menschen verletzt, darunter fünf Kinder. Zuvor war am Sonntag in der südlichen Region Cherson ein Mensch getötet worden. Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, räumte ein, dass die erwartete Gegenoffensive der Ukraine für Russland zur "Tragödie" werden könnte.
In der Nacht zum Montag "griffen die russischen Invasoren die Ukraine mit ihrer strategischen Luftwaffe an", erklärte der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Waleri Saluschnyj im Onlinedienst Telegram. 18 Marschflugkörper seien von Russland abgeschossen, 15 davon von der ukrainischen Luftwaffe zerstört worden. Die Raketenabwehr der Ukraine war zuletzt durch die Lieferung hochmoderner Abwehrsysteme durch die westlichen Verbündeten massiv verstärkt worden.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte unterdessen, seine Streitkräfte hätten Präzisionsangriffe mit großer Reichweite auf ukrainische Munitionsproduktionsanlagen ausgeführt. "Alle zugewiesenen Einrichtungen wurden getroffen", hieß es.
Bei ihren Angriffen habe die russische Armee innerhalb von 24 Stunden "Wohngebiete in der Region Cherson und ein offizielles Gebäude im Zentrum der Stadt Cherson ins Visier genommen", erklärte der Chef der örtlichen Militärverwaltung, Oleksander Prokudin, auf Telegram. Moskau habe "im Laufe des vergangenen Tages 39 Beschüsse ausgeführt", Cherson sei "achtmal" getroffen worden. Dabei sei ein Mensch getötet und drei weitere verletzt worden, darunter ein Kind.
Zeitgleich wurden bei weiterem russischen Raketenbeschuss im Bezirk Pawlohrad in der Region Dnipropetrwosk im Osten des Landes mindestens 34 Menschen verletzt, wie Gouverneur Serhij Lyssak am Montag in Onlinenetzwerken mitteilte. Darunter waren demnach fünf Kinder, das jüngste davon ein achtjähriges Mädchen.
Lyssak zufolge wurden in der Stadt Pawlohrad "19 mehrstöckige Gebäude, 25 Privathäuser, sechs Schul- und Vorschuleinrichtungen sowie fünf Geschäfte beschädigt". Bereits am Freitag waren bei massiven Luftangriffen im Zentrum der Ukraine mindestens 26 Menschen getötet worden, darunter fünf Kinder.
Die jüngsten russischen Angriffe erfolgten inmitten der Vorbereitungen Kiews auf eine geplante Frühjahrsoffensive gegen die russischen Angreifer. Kiew hatte in den vergangenen Monaten immer wieder sein Ziel betont, die russischen Truppen aus den besetzten Gebieten im Süden und Osten des Landes zu vertreiben.
Wagner-Chef Prigoschin warnte Moskau vor der möglichen Folgen der ukrainischen Offensive: Er rechne Mitte Mai mit dem Beginn der ukrainischen Truppenbewegungen, sagte er in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit einem russischen Militärblogger. "Diese Gegenoffensive könnte zu einer Tragödie für unser Land werden", fügte er hinzu.
In der Ukraine ist die Wagner-Gruppe derzeit in erster Linie an der Schlacht um Bachmut beteiligt. Die erbitterten Kämpfe um die Stadt im Osten der Ukraine dauern seit Monaten an. Der Kommandant der ukrainischen Landstreitkräfte, Oleksandr Sirski, erklärte am Montag, seine Männer hätten kleine Gegenangriffe ausgeführt. Ihm zufolge hat Russland "nicht die (vollständige) Kontrolle über die Stadt erlangt". Die Lage sei noch immer "ziemlich kompliziert".
Zeitgleich zu den russischen Angriffen auf ukrainische Städte teilten die russischen Behörden am Montag mit, nahe der Grenze zur Ukraine sei ein Güterzug durch einen "Sprengsatz" entgleist. Es habe keine Opfer gegeben, erklärte der Gouverneur der Region Brjansk, Alexander Bogomas, auf Telegram. Der Gouverneur der nördlichen Region Leningrad, Alexander Drosdenko, berichtete, dass Stromleitungen durch einen "Sprengsatz" in die Luft gejagt worden seien.
Am Sonntag waren in der russischen Region Brjansk nahe der Ukraine laut Bogomas bereits vier Menschen bei einem ukrainischen Raketenangriff getötet worden. Am Samstag hatte eine mutmaßliche ukrainische Drohne ein Treibstofflager auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim in Brand gesetzt.
In grenznahen russischen Gebieten kommen nach russischen Angaben immer wieder Ortschaften und Infrastruktur-Einrichtungen unter Beschuss. Moskau macht dafür ukrainische Truppen verantwortlich, die sich selbst nicht dazu äußern.
kas/jes