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Militärjunta in Myanmar verschärft Maßnahmen gegen Teilnehmer von Massenprotesten

Zehntausende fordern in Rangun erneut Freilassung von Aung San Suu Kyi

In Myanmar haben den fünften Tag in Folge zehntausende Menschen gegen die Militärjunta protestiert, die wiederum ihre Maßnahmen gegen die demonstrierenden Massen verschärfte. Trotz der Gewaltanwendung der Polizei am Vortag strömten die Menschen in den zwei größten Städten des südostasiatischen Landes, Rangun und Mandalay, auf die Straßen und forderten die Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Derweil strebt die Militärführung offenbar eine strengere Regulierung von Online-Angeboten an.

Rund eine Woche nach dem Militärputsch in Myanmar war die Armeeführung zuletzt stärker gegen die oppositionellen Demonstranten vorgegangen. Am Dienstag hatte die Polizei die Menschen auf Kundgebungen mit Tränengas und Gummigeschossen auseinandergetrieben. Außerdem wurde die Zentrale der Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) der entmachteten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi in Rangun zerstört.

Soe Win, ein Mitglied der Partei, berichtete am Mittwoch über aufgebrochene Türschlösser, entwendete Computerausstattung und durchtrennte Serverkabel. Nach Informationen der Hilfsvereinigung für politische Gefangene wurden am Dienstag in Mandalay zudem weitere 30 NLD-Politiker festgenommen, darunter ein Rundfunkreporter des Senders DVB.

"Wir werden alles tun, um die Militärregierung zurückzuweisen", sagte der demonstrierende Hotelangestellte Kyaw Kyaw in Rangun. "Wir wollen nicht in einer Diktatur leben", ergänzte der Student Nyein Wai.

Der UN-Sondergesandte Tom Andrews verurteilte den Einsatz von Gewalt durch die Sicherheitskräfte, nachdem am Dienstag einer Studentin in den Kopf geschossen worden war. "Sie können eine junge Frau erschießen, aber sie können nicht die Hoffnung und Entschlossenheit eines entschlossenen Volkes stehlen", schrieb Andrews am Mittwoch auf Twitter.

In der Stadt Loikaw im Osten des Landes liefen nach örtlichen Medienberichten vier Offiziere zu den Demonstranten über. Die Militärregierung ließ derweil eine Hotline für "schikanierte" öffentliche Angestellte und Beamte einrichten, die sich nicht an Protesten gegen das Militär beteiligen.

In Mandalay beobachteten Augenzeugen, dass Sicherheitskräfte Tränengas auf Demonstranten abfeuerten, die Fahnen der NLD schwenkten. Erstmals gingen auch die staatlichen Medien auf die Proteste ein. Sie berichteten, die Menschen hätten "obszöne Worte" gebraucht und mit Gegenständen nach der Polizei geworfen. Dabei seien vier Polizisten verletzt worden.

Die auf Technologie spezialisierte Organisation Mido twitterte, dass ein Entwurf für ein "Gesetz zur Cybersicherheit" an die Telekommunikationsunternehmen geschickt worden sei. Der Entwurf soll "Abschaltungen, Website-Verbote und Abhörungen" erlauben, zudem sollen Online-Netzwerke Daten der Benutzer auf Anfrage an die Behörden weitergeben. Die Militärjunta hatte vergangene Woche landesweit das Internet abschalten lassen, um den Protest gegen die Armee und für die Freilassung von Suu Kyi im Keim zu ersticken.

Die USA erneuerten ihren Aufruf, die freie Meinungsäußerung in Myanmar wieder zu garantieren. Die Junta um Militärchef Min Aung Hlaing müsse zurücktreten. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte, es könne Sanktionen gegen die Junta geben, allerdings solle die Bevölkerung in Myanmar von politischen Maßnahmen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.

by STR