Aufständische Soldaten haben in Mali nach eigenen Angaben Präsident Ibrahim Boubacar Keita und Regierungschef Boubou Cissé festgenommen. Die beiden seien in Keitas Anwesen in der Hauptstadt Bamako festgesetzt worden, sagte der Putsch-Anführer, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag. Mehrere Soldaten hatten zuvor die Kontrolle über einen Armeestützpunkt in der Stadt Kati nahe Bamako übernommen.
Ein weiterer Militärvertreter erklärte, der Präsident und der Regierungschef würden in einem gepanzerten Fahrzeug nach Kati gebracht. Am Morgen hatten Soldaten laut Augenzeugen auf dem Stützpunkt in der Stadt Kati, etwa 15 Kilometer von Bamako entfernt, Schüsse in die Luft abgefeuert. Anschließend verbarrikadierten sie laut einem AFP-Reporter vor Ort die Zugänge.
Nach Angaben eines der Beteiligten wurden mehrere hochrangige Militärs dabei festgesetzt. Ein Offizier sprach von einer "Rebellion". Viele Soldaten seien unzufrieden mit der politischen Lage im Land, sagte der auf dem Stützpunkt stationierte Offizier. "Wir wollen einen Wechsel." Nach Angaben eines Arztes aus Kati waren viele Soldaten an dem Vorfall beteiligt. "Es waren viele und sie waren sehr nervös", sagte er.
Regierungschef Cissé hatte die Soldaten am Nachmittag noch aufgerufen, die Waffen niederzulegen und in einen "brüderlichen Dialog" einzutreten, "um alle Missverständnisse auszuräumen". Die Vorfälle zeugten von "einer gewissen Frustration, die legitime Ursachen haben kann".
2012 hatte der Stützpunkt in Kati eine Schlüsselrolle bei einem Machtwechsel im Land gespielt. Dort begann damals ein Militärputsch, in dessen Folge Präsident Keita an die Spitze der politischen Führung kam.
Derzeit steht Keita jedoch massiv unter Druck, weil es ihm nicht gelingt, einen seit 2012 andauernden dschihadistischen Aufstand im Norden des Landes unter Kontrolle zu bringen. Der Aufstand der Extremisten hat sich inzwischen auch auf das Zentrum des Landes ausgedehnt. Tausende Soldaten und Zivilisten wurden bereits getötet, hunderttausende Menschen sind geflohen.
Verschleppte politische Reformen, eine schwächelnde Wirtschaft und Korruptionsvorwürfe haben die Stimmung gegenüber Keita weiter verschlechtert. Die Oppositionsbewegung M5-RFP fordert den Rücktritt des 75-jährigen Präsidenten und organisiert immer wieder Massenproteste gegen ihn.
Erst am Montag kündigte die Bewegung an, täglich neue Demonstrationen zu organisieren. Am Freitag sollte eigentlich eine erneute Massenkundgebung gegen den Präsidenten stattfinden. Die Bewegung hatte in der Vergangenheit Kompromissvorschläge zur Entschärfung der politischen Krise abgelehnt.
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas), die in dem Konflikt vermittelt, unterstützt die Bildung einer Einheitsregierung in dem westafrikanischen Land. Sie rief die Soldaten am Dienstag auf, "unverzüglich" in ihre Kasernen zurückzukehren. Sie sei strikt gegen "jeden verfassungswidrigen politischen Wechsel", erklärte die Gemeinschaft.
Auch der US-Sondergesandte für die Sahelzone, Peter Pham, erklärte, Washington lehne jeden Regierungswechsel außerhalb des rechtlichen Rahmens ab.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach am Dienstag mit den Staatschefs des Nigers, Mahamadou Issoufou, der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, und des Senegal, Macky Sall, über die Entwicklungen in Mali. Paris "beobachtet die Lage genau und verurteilt den Meutereiversuch", erklärte sein Büro.
Die deutsche Botschaft in Bamako wurde wegen der angespannten Lage für den Besucherverkehr geschlossen und das Auswärtige Amt rief alle Menschen vor Ort auf, zu Hause zu bleiben.
Die Bundeswehr ist in Mali mit derzeit rund 850 Soldaten als Teil der UN-geführten Mission Minusma vor Ort, die einen Beitrag zur Stabilisierung des westafrikanischen Krisenstaats leisten soll. Zudem sind aktuell etwa 50 deutsche Soldaten an der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali beteiligt.
Angesichts der Entwicklungen in Mali wurden die Bundeswehrsoldaten laut einem Sprecher des Einsatzführungskommandos angewiesen, vorerst in ihren Stützpunkten zu bleiben. Direkt betroffen seien die Soldaten bisher jedoch nicht.
by Von Serge DANIEL