Trotz des abschlägigen Urteils des höchsten britischen Gerichts zur Abschiebung von Flüchtlingen nach Ruanda hält der Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Stamp (FDP), an einer Drittstaatenregelung für Deutschland fest. "Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass eine Drittstaatsregelung wünschenswert ist, es aber noch keinen geeigneten Staat gibt, der Willens und rechtsstaatlich dazu in der Lage ist", sagte Stamp am Mittwoch dem Magazin "Wir".
Das Urteil in Großbritannien lehne nicht die Möglichkeit von Drittstaatsverfahren ab, "sondern die derzeitige rechtliche Situation dafür in Ruanda", sagte der Migrationsbeauftragte weiter. Das Thema sollte daher "sachlich weiter erörtert werden". Klar sei aber auch, "dass eine umfassende Veränderung nicht einfach vom Himmel fällt", fügte Stamp hinzu, dessen Aufgabengebiet im Bundesinnenministerium angesiedelt ist.
Der FDP-Politiker, der sein Amt im vergangenen Frühjahr angetreten hat, soll Rücknahmeabkommen der Bundesrepublik mit Ländern abschließen, um in Deutschland abgelehnte Asylbewerber leichter abschieben zu können und zugleich legale Möglichkeiten zur Zuwanderung zu ermöglichen.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe, der kürzlich mit zwei weiteren Mitgliedern der SPD-Fraktion ein Papier für die Auslagerung von Asylverfahren in Nicht-EU-Staaten verfasst hatte, zeigte sich erleichtert über das Urteil aus Großbritannien. "Es ist gut, dass die britischen Gerichte die Regierung in die Schranken weisen", sagte Schwabe dem "Wir".
"Es geht mir und uns ja vor allem darum, dass wir rechtsstaatliche Verfahren und akzeptable Rahmenbedingungen haben", sagte der Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe der SPD-Bundestagsfraktion weiter. "Das ist unsere absolute Grundbedingung für Verfahren in Drittstaaten".
Der britische Oberste Gerichtshof hatte sich am Mittwoch dem Urteil eines Berufungsgerichts angeschlossen, dem zufolge Abschiebungen nach Ruanda rechtswidrig sind und gegen internationale Verträge verstoßen. Der Gerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes vom Juni, wonach das ostafrikanische Land kein sicherer Drittstaat ist, weil die Gefahr besteht, dass dorthin geschickte Asylbewerber gewaltsam in ein Land abgeschoben werden könnten, in denen ihnen Verfolgung droht.
Großbritanniens konservativer Premierminister Rishi Sunak kündigte an, ein neues Abkommen mit Ruanda auf den Weg bringen zu wollen.
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