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Menschen gehen siebten Tag in Folge in Myanmar gegen Militär auf die Straße

Armeeführung lässt an Feiertag mehr als 23.000 Gefangene frei - UN warnt vor Gewalt

Trotz der Drohungen der Armeeführung sind in Myanmar die Menschen auch den siebten Tag in Folge gegen den Militärputsch auf die Straße gegangen. Die landesweiten Proteste blieben am Freitag zunächst weitgehend friedlich, in der Stadt Mawlamyine setzte die Polizei jedoch Gummigeschosse gegen Studenten ein. Die Militärjunta ließ anlässlich eines Feiertags mehr als 23.000 Inhaftierte aus Gefängnissen frei. Menschenrechtsaktivisten befürchteten, dass die Armee damit in den überfüllten Gefängnissen Platz schaffen wolle für festgenommene Demonstranten.

Massenkundgebungen gab es am Freitag unter anderem in der Wirtschaftsmetropole Rangun. Darunter waren auch Unterstützer unterschiedlicher Vereine der in dem Land beliebten englischen Fußballliga Premier League. Sie protestierten gemeinsam gegen die Militärjunta. "Ich hasse den Militärputsch mehr als Manchester United", war auf einem Plakat zu lesen.

In der östlichen Stadt Mawlamyine schritt die Polizei gegen eine Sitzblockade von Studenten ein. Videoaufnahmen zeigten, wie die Sicherheitskräfte mehrere Demonstranten wegtrugen. Mindestens neun Menschen wurden festgenommen. Die Teilnehmer der landesweiten Proteste fordern unter anderem die Freilassung der vom Militär abgesetzten und inhaftierten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi.

Militärchef Min Aung Hlaing hatte die Streikenden dazu aufgerufen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie sollten "im Interesse des Landes und der Menschen" unverzüglich wieder an die Arbeitsplätze zurückkehren, sagte er laut Staatsmedien in einer Rede. Er drohte ansonsten mit "schlagkräftigen Maßnahmen".

Die Militärjunta entließ anlässlich eines Feiertags tausende Inhaftierte aus den Gefängnissen. "Der Staatsverwaltungsrat hat die Strafe von 23.314 Gefangenen erlassen", meldete die staatliche Zeitung "Global New Light of Myanmar" unter Verwendung der offiziellen Selbstbezeichnung der Militärführung am Freitag.

Massenentlassungen aus den überfüllten staatlichen Gefängnissen sind in dem asiatischen Land an wichtigen Feiertagen üblich. Einer weiteren Meldung zufolge wurden auch 55 ausländische Inhaftierte freigelassen.

Bei den seit einer Woche anhaltenden Massenprotesten gegen die Militärführung wurden nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) bisher mehr als 260 Menschen festgenommen. Viele von ihnen gehören der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), der Partei von Suu Kyi an. Die Sicherheitskräfte setzten in den vergangenen Tagen vermehrt massive Gewalt gegen Demonstranten ein.

Die AAPP warnte indes, die neuen Machthaber verfolgten mit den Freilassungen von Häftlingen andere Ziele. Es bestehe die Sorge, dass so "Raum geschaffen werden soll für die Inhaftierung politischer Gefangener", erklärte die Organisation.

Die Armee hatte sich am 1. Februar an die Macht geputscht und Suu Kyi abgesetzt. Das Militär begründete sein Vorgehen mit Betrugsvorwürfen bei den zurückliegende Wahlen, die mit einem Sieg der NLD endeten. Der Putsch beendete eine zehnjährige Phase des demokratischen Wandels in dem südostasiatischen Land und wurde von den westlichen Staaten scharf verurteilt.

Die USA verhängten am Donnerstag Sanktionen gegen zehn Militärführer und drei Edelstein-Unternehmen in Myanmar. Betroffen davon ist unter anderem Militärchef Min Aung Hlaing. Auch das EU-Parlament forderte Sanktionen gegen die Militärführung.

Die Vereinten Nationen erklärten jedoch, die Sanktionen müssten "sorgfältig gewählt" werden, um die Militärführung zu treffen und nicht die Bevölkerung. "Die Welt schaut zu", sagte die stellvertretende UN-Chefin für Menschenrechte, Nada al-Nashif, am Freitag bei der Sondersitzung des Menschenrechtsrats in Genf an die Armee in Myanmar gerichtet. Sie forderte die Militärjunta auf, die Macht an die Zivilbevölkerung zurückzugeben und warnte vor Gewalt gegen Demonstranten.

by STR