Bei der Neubesetzung des durch den Tod von Ruth Bader Ginsburg frei gewordenen Postens am US-Verfassungsgericht hat US-Präsident Donald Trump die nötige Senatsmehrheit so gut wie sicher. Der als scharfer Kritiker Trumps geltende republikanische Senator Mitt Romney kündigte am Dienstag an, er werde sich einer Abstimmung über eine vom Präsidenten vorgeschlagene Kandidatin nicht entgegenstellen. Als Favoritinnen gelten die konservativen Juristinnen Amy Coney Barrett und Barbara Lagoa.
Sollte eine Nominierte im Senat zur Wahl stehen, werde er gemäß ihrer Qualifikation abstimmen, erklärte Romney. Damit ist der Weg für die Ernennung einer von Trump favorisierten Nachfolgerin für die verstorbene Bader Ginsburg aller Wahrscheinlichkeit nach frei.
Nach dem Tod der linksliberalen Ikone ist in Washington sechs Wochen vor der Präsidentschaftswahl ein erbitterter Streit über die Neubesetzung des Postens ausgebrochen. Die oppositionellen Demokraten verlangen von Trump, vor der Wahl keine Entscheidung zu treffen.
Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden argumentierte, eine Neubesetzung des Postens kurz vor der Wahl käme einem "Machtmissbrauch" gleich. Auch zwei republikanische Senatorinnen haben Bedenken dagegen angemeldet, vor der Wahl am 3. November einen neuen Verfassungsrichter ins Amt zu bringen.
Ungeachtet der Bedenken hatte Trump erklärt, er wolle seine Nominierung nach Abschluss der Trauerfeiern für Bader Ginsburg am Samstag verkünden. Gute Chancen auf eine Nominierung werden der Richterin Lagoa aus Florida und der Richterin Barrett aus New Orleans zugeschrieben. Mit der Ernennung einer der beiden Richterinnen könnte die konservative Mehrheit am obersten US-Gericht langfristig zementiert werden. Eine Nominierung müsste noch vom Senat bestätigt werden, wo Trumps Republikaner eine Mehrheit von 53 der 100 Senatoren stellen.
Die 48-jährige Barrett war bereits vor zwei Jahren als Verfassungsrichterin im Gespräch, als es um die Nachfolge des in Rente gegangenen Richters Anthony Kennedy ging. Die bekennende Katholikin gilt als streng konservativ. Persönlich lehnt die siebenfache Mutter das Recht auf Abtreibung ab - ein zentrales Streitthema zwischen den tief gespaltenen politischen Lagern in den USA.
Die 52-jährige Lagoa ist derzeit Richterin an einem Berufungsgericht in Florida. Sie wäre die erste Richterin kubanischer Herkunft am obersten Gerichtshof in der Geschichte der USA und erst die zweite Latina auf diesem Posten. Aufgewachsen im nahe Miami gelegenen Hialeah, studierte die Mutter dreier Kinder Jura an der angesehenen Columbia University in New York. Ihre Benennung könnte Trump nach Einschätzung von Experten zusätzliche Unterstützung in der großen kubanischstämmigen Bevölkerung Floridas sichern.
Bader Ginsburg war am Freitag im Alter von 87 Jahren an Krebs gestorben. Die hochangesehene Juristin war eine wichtige Vertreterin des linksliberalen Lagers in dem neunköpfigen Richterkollegium des mächtigen Supreme Court.
Trump äußerte Zweifel an Berichten, wonach Bader Ginsburg kurz vor ihrem Tod ihrer Enkelin anvertraut habe, ihr letzter Wille sei, dass ihr Richterstuhl erst von einem neuen Präsidenten besetzt werde. "Ich weiß nicht, ob sie das gesagt hat", sagte er im Sender Fox. Es könne auch sein, dass diese Äußerung von den Anführern der Demokratischen Partei "formuliert" worden sei. "Das kam aus dem Nichts." Bei einer Pressekonferenz ergänzte der Präsident, eine solche Äußerung käme den Demokraten "einfach zu gelegen".
Bader Ginsburg soll am Mittwoch und Donnerstag zunächst im Obersten Gerichtshof aufgebahrt werden, anschließend wird ihr Sarg im US-Kongress aufgestellt. In der kommenden Woche soll die Richterin dann auf dem Nationalfriedhof Arlington vor den Toren Washingtons beigesetzt werden.
by Von Sebastian Smith