Mehrere Städte der Kaukasus-Region Berg-Karabach sind am Dienstag nach Angaben örtlicher Behördenvertreter von Aserbaidschan angegriffen worden. “Im Moment stehen die Hauptstadt Stepanakert und andere Städte und Dörfer unter intensivem Beschuss”, erklärte die in Armenien ansässige Vertretung von Berg-Karabach im Onlinedienst Facebook. Aserbaidschan habe eine “groß angelegte Militäroffensive” gestartet.
Kurz zuvor hatte das aserbaidschanische Verteidigungsministerium in Baku verkündet, in der umstrittenen Region mit “Anti-Terror-Einsätzen” begonnen zu haben.
In Stepanakert, der Hauptstadt der zwischen beiden Ländern seit Jahrzehnten umstrittenen Region, waren nach Angaben eines AFP-Reporters am frühen Dienstagnachmittag (Ortszeit) Explosionen zu hören. Es würden Präzisionswaffen genutzt, um auf armenische Militärpositionen und von “Separatisten” genutzte Einrichtungen abzuzielen, hieß es aus Baku.
Die Türkei und Russland seien über das Vorgehen informiert worden, gab Baku weiter an. Die Zivilbevölkerung und -infrastruktur sei nicht Ziel des Angriffs. Es seien humanitäre Korridore zur Evakuierung von Zivilisten geöffnet worden, erklärte das aserbaidschanische Verteidigungsministerium.
Aserbaidschan begründete sein Vorgehen mit “systematischem” Beschuss durch von Armenien unterstützten Kräften. Ihnen warf Baku vor, “Aufklärungsaktivitäten” zu tätigen und Verteidigungspositionen zu verstärken.
Auch forderte Baku den kompletten Abzug aller armenischer Kräfte aus Berg-Karabach als Bedingung für einen Frieden in der Region. Armenien erklärte indes, keinerlei Soldaten vor Ort zu haben.
Russland rief Aserbaidschan und Armenien auf, das “Blutbad” zu beenden. Alle Schritte zu einer friedlichen Lösung stünden in den unter Moskaus Vermittlung ausgehandelten Abkommen, sagte Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa.
Aserbaidschan und Armenien streiten seit dem Zerfall der Sowjetunion um Berg-Karabach und lieferten sich bereits zwei Kriege um das Gebiet. Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, in dem Gebiet leben aber überwiegend Armenier. Nach sechswöchigen Kämpfen im Jahr 2020 mit mehr als 6500 Toten hatte Russland ein Waffenstillstandsabkommen vermittelt, das Armenien zur Aufgabe großer Gebiete zwang.
Seitdem gibt es aber immer wieder tödliche Auseinandersetzungen an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze. In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen um das stark verminte Berg-Karabach wieder deutlich zugenommen.
oer/ju