Der Verein Mehr Demokratie klagt nach der Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Fünf-Prozent-Hürde. "Diese harte Sperrklausel könnte CSU und Die Linke die parlamentarische Existenz kosten", sagte der Vorstandssprecher des Vereins, Ralf-Uwe Beck, am Freitag in Berlin. Dort wurde die Verfassungsbeschwerde gegen die Fünf-Prozent-Hürde bei Bundestagswahlen vorgestellt. Wegen dieser könnten laut Beck künftig acht Millionen Wählerstimmen "unter den Tisch fallen" - doppelt so viele wie bei der Wahl 2021.
Die im März vom Bundestag und später auch im Bundesrat beschlossene Wahlrechtsreform zielt auf eine Verkleinerung des Bundestags von derzeit 736 auf 630 Abgeordnete ab. "Wir begrüßen die Verkleinerung", sagte Beck dazu.
Mit der Reform wird laut Mehr Demokratie aber auch die Fünf-Prozent-Hürde "verschärft": Gewinnt ein Kandidat einen Wahlkreis, kann er das Bundestagsmandat nur angetreten, wenn die Partei bei den Zweitstimmen die Hürde überspringt. Diese Verschärfung könnte besonders die CSU treffen.
Abgeschafft wird zudem die sogenannte Grundmandatsklausel. Sie lässt eine Partei bisher auch mit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen in Fraktionsstärke ins Parlament einziehen, sofern sie mindestens drei Direktmandate gewinnt. Derzeit ist dies bei der Linkspartei der Fall. Die Reform könnte also insgesamt dazu führen, dass nicht alle Wahlkreisgewinner ins Parlament einziehen.
Die Fünf-Prozent-"Sperrklausel" beschere Wählerinnen und Wählern eine unwirksame Stimmabgabe, kritisierte Beck. "Millionen von Wählerstimmen würden entwertet." Damit würde ein neu gewähltes Parlament mit "einer schweren demokratische Hypothek" in die Wahlperiode gehen. Es stelle sich der Eindruck ein, dass die Ampel politische Gegner "wegbeißen" wolle.
Der Verein will deshalb die Fünf-Prozent-Hürde vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. Dabei gehe es nicht um die Klausel an sich, sondern um ihre Höhe, betonte Beck - Mehr Demokratie macht sich für eine Absenkung der Klausel auf drei Prozent stark. Am Freitagmittag sollen demnach die Schriftsätze an das Karlsruher Gericht übergeben werden. Die Verfassungsbeschwerde ist dabei als Bürgerklage konzipiert: 4242 Bürgerinnen und Bürger stehen hinter der Klage.
Juristisch vertreten werden diese von Thorsten Kingreen, Jura-Professor an der Universität Regensburg. "Die Sperrklausel ist eine Zerrklausel", erklärte dieser. Dadurch komme es zu einer "ganz groben Verzerrung des Wählerwillens". Kingreen hält die Fünf-Prozent-Hürde deshalb nach der Wahlrechtsreform "nicht mehr für verfassungskonform".
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