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Mautbetreiber widerspricht Scheuers Darstellung zu Kündigung der Pkw-Mautverträge

Verkehrsminister soll am Abend im U-Ausschuss zu geplatzter Maut aussagen

Zum Auftakt der Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur gescheiterten Pkw-Maut sieht sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Der Manager einer Maut-Betreiberfirma widersprach einer zentralen Darstellung Scheuers, wonach die Kündigung der Mautverträge durch das Verkehrsministerium aufgrund von Mängeln erfolgt sei. Vielmehr habe Scheuer nach dem Scheitern der Maut vor dem Europäischen Gerichtshof im Juni 2019 "spontan und politisch motiviert" gehandelt. Die erstmalige Befragung Scheuers im Ausschuss droht sich derweil zu verzögern.

Als erster Zeuge sagte am Donnerstag der Geschäftsführer der Gemeinschaftsfirma Autoticket, Volker Schneble, vor dem Ausschuss aus. Laut Schneble gab es bis zum Urteil des EuGH am 18. Juni vergangenen Jahres keine Probleme bei der Umsetzung der Ende 2018 geschlossenen Verträge. "Das Projekt Pkw-Maut ist aus unserer Sicht gut gestartet und bis zum Ende auch gut verlaufen", sagte er. Die Kündigung der Verträge durch Scheuers Ministerium nach dem EuGH-Urteil sei eine "Kurzschlussreaktion" gewesen.

Im Anschluss an Schneble waren Befragungen weiterer Manager von Mautbetreibern angesetzt. Als Zeugen waren Klaus-Peter Schulenberg, Vorstandsvorsitzender von CTS Eventim, und Georg Kapsch, Vorstandsvorsitzender der Kapsch TrafficCom aus Österreich geladen.

Der Untersuchungsausschuss des Bundestags arbeitet die Vorgänge rund um die Pkw-Maut auf. Ein zentraler Punkt ist dabei, dass der Verkehrsminister schon Ende 2018 Verträge zur Erhebung der Maut mit den Betreiberfirmen geschlossen hatte, als noch keine endgültige Rechtssicherheit bestand. Am Donnerstag ging es bei vielen Fragen der Abgeordneten auch um die Frage, ob die Maut-Betreiber Scheuer anboten, die Unterzeichnung der Verträge erst nach dem EuGH-Urteil vorzunehmen. Scheuer wies dies im Bundestag bereits zurück.

Laut einem von Schneble wenige Tage vor der Ausschusssitzung verfassten Gedächtnisprotokoll hatten die Betreiber Scheuer bei einem Treffen am 29. November 2018 angeboten, mit einer Vertragsunterzeichnung bis zu einer Entscheidung des EuGH zu warten. Scheuer habe dies abgelehnt.

Schneble sagte dazu am Donnertag, er habe an dem Gespräch zwar nicht selbst teilgenommen, sei im Anschluss aber von Kapsch und Schulenberg darüber informiert worden. Er habe direkt danach kurze Notizen gemacht und diese nun ausführlich ausgearbeitet.

Vor Sitzungsbeginn setzte die Union am Donnerstagvormittag noch die Befragung eines weiteren Zeugen durch, des früheren Staatssekretärs im Verkehrsministerium, Gerhard Schulz. Da für dessen Befragung noch Unterlagen aus dem Verkehrsministerium fehlten, verzögerte sich der Auftakt der Sitzung. Scheuer soll als letzter der nun insgesamt fünf Zeugen im Untersuchungsausschuss aussagen. Sein Auftritt war ursprünglich für den frühen Abend erwartet worden und dürfte sich nun deutlich in die Nacht hinein verzögern.

Vor der Sitzung des Untersuchungsausschusses zur geplatzten Pkw-Maut war der Druck auf Scheuer weiter gewachsen: Sollte er den Bundestag "nachgewiesenermaßen belogen haben", wäre nicht nur sein Amt, sondern auch die Regierung durch ein Glaubwürdigkeitsproblem belastet, sagte der Ausschussvorsitzende Udo Schiefner (SPD) der "Rheinischen Post". Dem Nachrichtenportal "t-online" sagte Schiefner, er erwarte eine "intensive und lange Nacht".

"Ich sehe nur bei Minister Scheuer einen Grund, hier die Unwahrheit zu sagen", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Er weiß, dass es eng wird für ihn, deswegen versucht er sich herauszureden." Die Vorladung von Schulz kritisierte Krischer als "billiges Manöver" von CDU und CSU mit dem Ziel, dass Scheuers Befragung am Donnerstag "gar nicht oder erst gegen 24.00 Uhr stattfinden kann".

Die FDP geht davon aus, dass es eng für den Minister wird. "Da kommt Scheuer nicht mehr raus. Wir können ohne Probleme die Daumenschrauben anziehen", sagte FDP-Obmann Christian Jung dem Nachrichtenportal "t-online".

by Von Marc MUDRAK